Prof. Dr. Stephan Wolf, Bettina Spichiger
Rz. 134
Hinsichtlich der vertraglichen Regelung der Scheidungsfolgen und deren Grenzen ist vorab auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Scheidungsvereinbarung zu verweisen (vgl. Rdn 87). Die diesbezüglich gem. Art. 279 ZPO notwendige richterliche Genehmigung gilt auch für allfällige bereits vorgängig, namentlich im Rahmen eines Ehevertrages, geregelte Nebenfolgen der Scheidung. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Inhalten der Scheidungsvereinbarung (siehe Rdn 87) sind drei weitere Abredemöglichkeiten zu beachten: Gemäß Art. 124b Abs. 1 ZGB kann ein Ehegatte ganz oder teilweise auf seinen Anteil an der beruflichen Vorsorge des anderen Ehegatten verzichten, sofern eine entsprechende Alters- und Invalidenversicherung auf andere Weise gewährleistet ist. Diese Vereinbarung ist allerdings erst zum Zeitpunkt der Scheidung zulässig, sie kann nicht im Voraus getroffen werden. Dasselbe gilt für die den Ehegatten in Art. 127 ZGB gewährte Möglichkeit, die grundsätzliche Abänderbarkeit der Scheidungsrente (vgl. Art. 128 f. ZGB) ganz oder teilweise auszuschließen bzw. an eingeschränkte Voraussetzungen zu knüpfen. Dieser Ausschluss steht zudem unter den Vorbehalten der aus Art. 2 ZGB abgeleiteten clausula rebus sic stantibus und der übermäßigen Bindung (Art. 27 Abs. 2 ZGB). Gestützt auf Art. 130 Abs. 2 ZGB können die Ehegatten schließlich vereinbaren, dass die Rente bei Wiederverheiratung des Gläubigers nicht entfallen soll. Über den Gesetzeswortlaut hinaus steht es den Ehegatten auch frei, die aktive oder passive Vererblichkeit der Rente zu stipulieren.
Rz. 135
Daneben bietet auch der Abschluss eines Ehevertrages Optionen zur Gestaltung der Scheidungsnebenfolgen, allerdings nur in beschränktem Rahmen. Auf den Ehevertrag im Allgemeinen und seine Bedeutung für die Gestaltung der güterrechtlichen Verhältnisse wurde bereits in Rdn 54 ff. eingegangen. Das ZGB lässt weiterhin Vereinbarungen über die Teilung des Vorschlags bzw. des Gesamtguts zu. Ehegatten, die dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung unterstehen, können für die Vorschlagsbeteiligung einen von der dispositiven Ordnung abweichenden Teilungsschlüssel vorsehen, sofern dadurch die Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht beeinträchtigt werden (Art. 216 Abs. 2 ZGB). Dabei gilt es zu beachten, dass solche Vereinbarungen nur dann auch scheidungsresistent sind, wenn der Ehevertrag dies ausdrücklich vorsieht (Art. 217 ZGB). Haben die Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse der Gütergemeinschaft unterstellt, können sie die vom Gesetz für den Fall der Auflösung des Güterstandes vorgesehene hälftige Teilung des Gesamtguts abweichend regeln (Art. 241 Abs. 1 ZGB). Auch diese Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt der Verletzung der Pflichtteilsansprüche der Nachkommen; allerdings bezieht sich die Einschränkung im Unterschied zur Parallelbestimmung bei der Errungenschaftsbeteiligung auf sämtliche Nachkommen (Art. 241 Abs. 2 ZGB). Schließlich gilt auch hier die Vermutung, dass die von der dispositiven Ordnung abweichende Teilung des Gesamtguts nur bei Auflösung des Güterstandes durch Tod oder bei Vereinbarung eines anderen Güterstandes Wirkung entfaltet. Wollen die Ehegatten die grundsätzliche oder zumindest partiell darüber hinausgehende Wirksamkeit ihrer Abrede erreichen, müssen sie dies ausdrücklich festhalten (Art. 242 Abs. 3 ZGB).