Prof. Dr. Stephan Wolf, Bettina Spichiger
1. Ehevertrag
Rz. 54
Innerhalb der gesetzlichen Schranken können Brautleute oder Ehegatten ihren Güterstand wählen, aufheben oder ändern, indem sie einen öffentlich beurkundeten Ehevertrag abschließen (Art. 182–184 ZGB). Zum Inhalt des Ehevertrages kann nur werden, was gesetzlich vorgesehen ist (Art. 182 Abs. 2 ZGB). Damit wird insbesondere der Grundsatz der Typengebundenheit zum Ausdruck gebracht, wonach Kombinationen zwischen verschiedenen Güterständen unzulässig sind. Der Ehevertrag ist i.d.R. Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zugleich. Bei der Vereinbarung einer Gütergemeinschaft bewirkt deshalb bereits der Abschluss des Ehevertrages den Übergang von Allein- zu Gesamteigentum (vgl. Art. 665 Abs. 3 ZGB). Gegenstand des Ehevertrages bilden güterrechtliche Anordnungen, nicht aber Vereinbarungen zum übrigen ehelichen Vermögensrecht. Die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen sind teilweise zwingender Natur (z.B. Art. 169 ZGB) und als solche keiner vertraglichen Regelung zugänglich oder sie verlangen formlose, veränderten Verhältnissen leicht anpassbare Absprachen (siehe hierzu Rdn 57). Solche Abreden können zwar in den Ehevertrag aufgenommen werden, sie nehmen aber insofern nicht an dessen Gehalt teil, als ihre formlose und selbstständige Abänderung jederzeit möglich bleibt.
2. Wahl und Wechsel des Güterstandes
Rz. 55
Wollen die Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse nicht dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung – der mangels anderer Abrede von Gesetzes wegen gilt (vgl. Art. 181 ZGB) – unterstellen, können sie auf den Zeitpunkt der Eheschließung hin die Gütergemeinschaft (Art. 221 ff. ZGB) oder die Gütertrennung (Art. 247 ff. ZGB) wählen. Auch ein Wechsel des Güterstandes ist grundsätzlich jederzeit möglich. Eine Ausnahme gilt für Ehegatten, die ursprünglich dem Güterstand der Gütergemeinschaft unterstanden. Ist infolge der Konkurseröffnung über einen Ehegatten die Gütertrennung eingetreten (Art. 188 ZGB) oder wurde die Gütertrennung aufgrund der Pfändung des Gesamtgutanteils eines Ehegatten gerichtlich angeordnet (Art. 189 ZGB), ist ein neuerlicher Wechsel zur Gütergemeinschaft nur nach Befriedigung der Gläubiger auf gerichtliche Anordnung hin möglich (Art. 191 Abs. 1 ZGB). Einem ehevertraglichen Wechsel zur Errungenschaftsbeteiligung steht demgegenüber nichts entgegen, da damit keine Verschlechterung der Gläubigerstellung verbunden ist (Art. 191 Abs. 2 ZGB).
3. Modifikationen des Güterstandes
Rz. 56
Das Gesetz sieht verschiedene Möglichkeiten der Güterstandsmodifikation vor: Gestützt auf Art. 199 Abs. 1 ZGB kann im Rahmen der Errungenschaftsbeteiligung der Umfang des Eigenguts vergrößert werden, indem Vermögenswerte der Errungenschaft, die für die Ausübung eines Berufs oder zum Betrieb eines Geschäfts bestimmt sind, ins Eigengut überführt werden. Die Ehegatten können sodann vereinbaren, dass Erträge aus dem Eigengut nicht in die Errungenschaft fallen (Art. 199 Abs. 2 ZGB). Ehegatten, die ihre güterrechtlichen Verhältnisse der Gütergemeinschaft unterstellen, wählen bei der Begründung des Güterstandes eines der drei gesetzlich vorgesehenen Modelle der Gütergemeinschaft. Das einmal gewählte Modell kann später ehevertraglich wieder modifiziert werden. Anstelle der allgemeinen Gütergemeinschaft (Art. 222 Abs. 1 ZGB) können die Ehegatten die Gemeinschaft auf die Errungenschaft beschränken (Art. 223 i.V.m. Art. 197 ZGB) oder bestimmte Vermögenswerte oder Arten von Vermögenswerten von der Gemeinschaft ausschließen (Art. 224 Abs. 1 ZGB). Bei dieser "Ausschlussgemeinschaft" kann dem Eigengut mehr zugeordnet werden als beim ordentlichen Güterstand. Zudem fallen ohne gegenteilige Abrede auch die Erträge der ausgeschlossenen Vermögenswerte nicht in das Gesamtgut (Art. 224 Abs. 2 ZGB). Die weiteren vom Gesetz zugelassenen Modifikationen der Güterstände betreffen die Modalitäten ihrer Auflösung (siehe hierzu Rdn 135). Die Gütertrennung ist keiner ehevertraglichen Änderung zugänglich.
4. Nicht formbedürftige Vereinbarungen unter den Ehegatten
Rz. 57
Das Eherecht sieht zahlreiche Vereinbarungen und rechtsgeschäftliche Erklärungen der Ehegatten vor, die formfrei wirksam sind. Unabhängig vom anwendbaren Güterstand betrifft dies die Verständigung über den Unterhalt der Familie (Art. 163 ZGB), die Vereinbarung über den Betrag zur freien Verfügung des den Haushalt führenden bzw. im Beruf oder Gewerbe des anderen mithelfenden Ehegatten (Art. 164 ZGB), die Vereinbarung einer Entschädigung für außerordentliche Beiträge eines Ehegatten (Art. 165 ZGB), die Ermächtigung zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft über die laufenden Bedürfnisse hinaus (Art. 166 ZGB), die Zustimmung zu Rechtsgeschäften betreffend die Wohnung der Familie (Art. 169 ZGB) und die Überlassung der Ve...