1 Leitsatz
Der Beschluss, ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehendes Schwimmbad und die im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Sauna stillzulegen, entspricht keiner ordnungsmäßigen Verwaltung.
2 Normenkette
§§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer beschließen, das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Schwimmbad und die im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Sauna stillzulegen. Dagegen geht Wohnungseigentümer K vor. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer meint, der Stilllegungsbeschluss könne als Grundlagenbeschluss über eine bauliche Veränderung verstanden werden.
Der Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat Erfolg! Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer setze voraus, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums nicht durch eine Vereinbarung geregelt seien. Dies sei aber der Fall. Die Gemeinschaftsordnung mache das Schwimmbad und die Sauna zu Einrichtungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Sie seien daher beschlussfest.
Bereits für das bis zum 30.11.2020 geltende Recht sei entschieden worden, dass die Nichtinbetriebnahme einer in der Gemeinschaftsordnung als instandzuhalten genannten Einrichtung eine bauliche Veränderung darstelle, die nicht mehrheitlich beschlossen werden könne (Hinweis auf OLG Saarbrücken, Beschluss v. 29.11.2006, 5 W 104/06 und AG München, Urteil v. 11.1.2017, 485 C 12234/16). Wenn B darauf abstelle, der BGH habe unter Hinweis auf diese Entscheidungen nur geurteilt, dass die Nutzung nicht durch Mehrheitsbeschluss verboten werden dürfe, wenn dadurch die Nutzung des Sondereigentums zu dem vereinbarten Zweck erheblich beeinträchtigt werde und eine solche Sachverhaltskonstellation hier nicht vorliege, sei darauf hinzuweisen, dass die Existenz eines Schwimmbads die Kaufentscheidung erheblich beeinflussen könne und die Nutzung einer Wohnung durch den Wegfall des im gleichen Gebäude liegenden Schwimmbads (oder einer Sauna) erheblich beeinträchtigt werde.
B könne sich auch nicht auf § 20 Abs. 1 WEG berufen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Stilllegung einer Einrichtung als bauliche Veränderung im Sinne des Gesetzes angesehen werden könne. Auch eine Beschlussfassung über bauliche Veränderungen dürfe einer Vereinbarung nicht widersprechen. Das folge aus dem Zusammenspiel der beiden Vorschriften. Es wäre widersinnig, die schwereren Eingriffe, wenn sie gegen Vereinbarungen verstoßen, zuzulassen, obgleich geringfügigere Eingriffe durch Mehrheitsbeschluss nicht möglich wären. Denn beide Vorschriften dienten dem Interessenausgleich der Wohnungseigentümer.
4 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, ob es eine Beschlusskompetenz gibt, eine Anlage oder Einrichtung, die im gemeinschaftlichen Eigentum steht, stillzulegen. Daneben wird auch gefragt, ob es bei einer baulichen Veränderung anders wäre.
Stilllegungen
Das AG hat Recht, soweit es keine Beschlusskompetenz in § 19 Abs. 1 WEG entdeckt. Denn in einer andauernden Benutzungsuntersagung liegt keine bloße Verwaltung i. S. v. § 18 Abs. 1 WEG. Es ist kein Gegenstand der Verwaltung, das gemeinschaftliche Eigentum aufzugeben (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 18 Rn. 10). Bei der Bestimmung, gemeinschaftliches Eigentum nicht mehr zu benutzen, z. B. einen Personenaufzug (das war der vom AG zitierte Fall OLG Saarbrücken, Beschluss v. 29.11.2006, 5 W 104/06 NJOZ 2007 S. 1109), einen Müllschlucker (OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 30.8.2004, 20 W 440/01, NZM 2004 S. 910) oder eine Heizungsanlage, handelt es sich jeweils um einen totalen Gebrauchsentzug und damit um eine Änderung der Grundlagen, was allen Wohnungseigentümern nach § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG zum Mitgebrauch zur Verfügung stehen soll.
Über diese elementare Frage kann nicht beschlossen werden. Ein Benutzungsbeschluss darf eine vom Gesetz oder einer Vereinbarung erlaubte Benutzung nicht vollständig verbieten bzw. ausschließen. Eine Benutzungsbestimmung durch Benutzungsbeschluss setzt also stets den weiteren Mitgebrauch voraus.
Bauliche Veränderung
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hatte argumentiert, ihr seien die Stilllegungen als bauliche Veränderungen erlaubt. Dem stemmt sich das AG zu Recht entgegen. Auch eine bauliche Veränderung steht nämlich nach richtiger Ansicht unter dem Vorbehalt, dass nichts anderes vereinbart ist. Selbstverständlich steht ein Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG unter dem Vorbehalt einer entgegenstehenden Vereinbarung und ist nichtig, wenn er diese dauerhaft ändern will (Dötsch, ZWE 2021, S. 341, 347; a. A. Häublein/Jacoby/Lehmann-Richter/Wobst, ZWE 2021, S. 27, 28).
5 Entscheidung
AG Hamburg-Altona, Urteil v. 11.1.2022, 303c C 10/21