WEG §§ 26, 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
Sacherhalt
Verwalter B leitet gegen Bauträger T ein selbstständiges Beweisverfahren ein, ohne hierzu ermächtigt worden zu sein. Die Kosten des Beweisverfahrens verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K von B erstattet. Das Amtsgericht (AG) gibt der Klage statt. Hiergegen wendet sich die Berufung. Ohne Erfolg!
Entscheidung
B könne aus § 6 seines Verwaltervertrages keine Ermächtigung herleiten. Denn danach sei B – wäre die Klausel wirksam – nur zu Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ermächtigt. Im Fall gehe es aber um die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen aus den Bauträgerverträgen. Aus § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WEG, der dem Verwalter eine gesetzliche Vertretungsmacht gebe, folge nichts anderes. Zwar könne der Verwalter danach im Einzelfall berechtigt sein, ein selbstständiges Beweisverfahren einzuleiten. Erforderlich sei aber stets, dass es sich um eine Notmaßnahme handele. Eine Notmaßnahme sei eine Maßnahme, die so plötzlich erforderlich werden würde, dass es dem Verwalter objektiv unmöglich sei, kurzfristig noch eine außerordentliche Versammlung einzuberufen, um über die Maßnahme zu entscheiden. Diese Voraussetzungen lägen bei Gewährleistungsprozessen im Regelfall bereits deshalb nicht vor, weil sich Mängel in der Regel – und auch im Fall – nicht erst kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist zeigten. Eine Maßnahme werde auch nicht dadurch zu einer Notmaßnahme, dass man zugewartet habe und nun ein Gefahreneintritt (hier: Verjährung) drohe (Hinweis u. a. auf LG Berlin, Urteil v. 2.2.2018, 85 S 98/16 WEG, NZM 2018 S. 874). Im Fall trage B selbst vor, die Mängelansprüche der Wohnungseigentümer seien mehrfach Gegenstand von Beratungen auf Versammlungen gewesen. Die Wohnungseigentümer hätten sich aber nicht zu einer gerichtlichen Inanspruchnahme des Bauträgers entscheiden können.
Hinweis
Die Entscheidung schließt auf wunderbare Weise den Kreis der vorstehenden Entscheidungen. Wie in Bezug auf LG Karlsruhe, Urteil v. 20.7.2018, 6 O 320/17, berichtet, muss der Verwalter ein Auge auf den Ablauf der Verjährung der Mängelrechte der Wohnungseigentümer als Erwerber aus den Bauträgerverträgen haben. So scheint es im Fall auch gewesen zu sein. Aus Sorge, dass die Mängelrechte verjähren, hat der Verwalter dann das selbstständige Beweisverfahren eingeleitet. Hierzu war er freilich nur berechtigt, wenn er hierzu ermächtigt war.
Überblick:
- Verwaltervertrag: Der Verwalter berief sich auf seinen Verwaltervertrag. Danach war er aber nur berechtigt, Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in Auftrag zu geben (auch diese Ermächtigung dürfte im Übrigen unwirksam gewesen sein). Bei den Mängelrechten der Wohnungseigentümer als Erwerber geht es aber nicht um eine Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahme.
- Gesetz: Der Verwalter berief sich ferner auf das Gesetz. Nach diesem ist er aber nur befugt, in Eilfällen das Notwendige zu veranlassen. Und ein solcher Eilfall liegt nicht vor, wenn noch Zeit ist, mit den Wohnungseigentümern zu reden bzw., wenn, wie im Fall, mit den Wohnungseigentümern bereits geredet worden ist.
- Tipp: Was hätte der Verwalter im Fall also tun sollen? Um sich vor dem Vorwurf zu schützen, nicht alles zur Wahrung der Mängelrechte der Wohnungseigentümer unternommen zu haben, hätte er die Wohnungseigentümer in einer Versammlung bei einem TOP zu diesem Thema auf ihre etwaigen Mängelrechte und auf die Gefahr der Verjährung sowie auf seine Möglichkeiten, etwas zu unternehmen, hinweisen sollen. Hierüber sollte die Niederschrift Auskunft geben. Mehr war nicht zu tun – und konnte nicht getan werden.