1. Obligatorische Zivilehe
Rz. 5
Die obligatorische Zivilehe ist die einzige vorgeschriebene Form der Ehe. Die in der Praxis oft zu findende Form der Eheschließung, die keine rechtlichen Folgen verursacht, ist die bei einer Religionsgemeinschaft erfolgte Eheschließung.
Rz. 6
Das FamG enthält keine Regelung über das Verlöbnis. Eine Verlobung ist ein einfaches Lebensereignis. Es steht jeder Partei frei, auf die beabsichtigte Eheschließung zu verzichten. Da die Ehe auf der freien Zustimmung der Vertragsparteien beruht, handelt es sich um eine vorherige Verpflichtung, die dieser Freiheit zuwiderläuft. Den Verlobten steht es frei, die Verpflichtung aufzulösen, sie dürfen jedoch der jeweils anderen Partei keinen Schaden zufügen, da sonst eine zivilrechtliche Haftung für den Schaden besteht. Darüber hinaus machen Verlobte sich häufig gegenseitig Geschenke, die einen erheblichen Wert haben können. Nach Beendigung des Verlöbnisses stellt sich daher die Frage, ob die Geschenke zurückgegeben werden sollen. Hierzu gibt es Rechtsprechung.
2. Persönliche Voraussetzungen
a) Erreichung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten
Rz. 7
Der Zweck der Erreichung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten ist die grundlegende und wichtigste Voraussetzung für die Gültigkeit der Ehe.
b) Zwei Personen verschiedenen Geschlechts
Rz. 8
Die Definition der Ehe im FamG (Art. 3) lautet: Die Ehe ist eine gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann. Nach Art. 15 kann die Ehe nur zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts geschlossen werden. Dasselbe gilt für die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Damit ist jede Form von gleichgeschlechtlichen Partnergemeinschaften gesetzlich nicht geregelt.
c) Ehefähigkeit
Rz. 9
Eine Ehe kann im Regelfall nicht geschlossen werden, wenn einer der Ehegatten das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Art. 23 Abs. 1). Das Gericht erster Instanz (Grundgericht, vergleichbar dem Amtsgericht in Deutschland) kann aber die Eheschließung einer Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, ausnahmsweise aus rechtfertigenden Gründen genehmigen. Dabei wird vom Gericht beurteilt, ob die Person körperlich und seelisch für die Ausübung der Rechte und die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Ehe geeignet ist.
d) Ehehindernisse
Rz. 10
Eine Ehe kann nicht von einer Person geschlossen werden, die bereits verheiratet ist (Art. 17).
Eine Ehe kann nicht von einer Person geschlossen werden, die nicht zur Vernunft fähig ist (Art. 18).
Blutsverwandtschaft in gerader Linie und in der Seitenlinie bis einschließlich des vierten Verwandtschaftsgrades ist ein nicht abnehmbares Ehehindernis (Art. 19). Bei einer durch Adoption entstandenen Verwandtschaft gilt dieselbe Regelung (Art. 20). Die künftigen Ehegatten dürfen im ersten Verwandtschaftsgrad der geraden Linie nicht miteinander verschwägert sein. Die Ehe zwischen Schwiegermutter und Schwiegersohn bzw. Schwiegervater und Schwiegertochter ist grundsätzlich nicht zugelassen (Art. 21 Abs. 1). Das Gericht kann aber, aus rechtfertigenden Gründen, eine solche Ehe genehmigen (Art. 21 Abs. 2).
Rz. 11
Damit eine durch einvernehmliche Willenserklärungen der künftigen Ehegatten geschaffene Ehe als gültig angesehen werden kann, muss die Erklärung als Produkt des freien Willens erfolgen. Eine Person, die ihren Willen erklärt, darf kein Opfer von Drohung oder Irrtum sein (Art. 24).
3. Rechtsfolgen von Verstößen
Rz. 12
Ehen, bei denen die Voraussetzungen für die Gültigkeit nicht erfüllt sind, werden als Nichtehen bezeichnet (absolute Nichtigkeit). Dies sind Ehen, die dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen. Alle Personen mit einem rechtlichen Interesse können sich auf die Nichtigkeit der Ehe berufen. Das sind vor allem die Ehegatten, dann die Erben der Ehegatten, aber auch die Staatsanwaltschaft, wenn es um öffentliches Interesse geht (Art. 212 Abs. 1). Eine solche Ehe kann auch nach ihrer Beendigung für nichtig erklärt werden (Art. 212 Abs. 2). Das Recht auf eine entsprechende Klage verjährt nicht (Art. 212 Abs. 3).
Rz. 13
Daneben kennt das Rechtssystem auch die aufhebbare Ehe (relative Nichtigkeit). Dies sind Ehen, die trotz des Vorhandenseins von Ehehindernissen geschlossen wurden, die Sanktion für Verstöße gegen die Vorschriften ist jedoch viel milder. Aufhebbare Ehen verstoßen in erster Linie gegen die individuellen, privaten Interessen der Ehegatten selbst.
Rz. 14
Das Recht auf Klage wegen Nichtigkeit einer aufhebbaren Ehe steht folgenden Personen zu:
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einem Ehegatten, der zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht urteilsfähig war, dessen Urteilsunfähigkeit jedoch während der Eheschließung endet (Klagefrist: ein Jahr ab dem Datum des Wegfalls der Gründe, die die Urteilsunfähigkeit verursacht haben, bzw. ab dem Tag, an dem die gerichtliche Entscheidung über die Wiederherstellung der Rechtsfähigkeit rechtskräftig ist [Art. 217]); |
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einem minderjährigen Ehegatten, der ohne Erlaubnis des Gerichts eine Ehe eingegangen ist (Klagefris... |