A. Zur rechtlichen Situation in der Republik Serbien
Rz. 1
Auf dem Gebiet des Erbrechts gilt in der Republik Serbien das Gesetz über die Beerbung (serbErbG), das am 5.5.1996 in Kraft getreten ist. Dieses ersetzte ein noch aus sozialistischen Zeiten stammendes Erbgesetz von 1974.
Rz. 2
Die serbische Provinz Wojwodina war bis 1993 autonom und besaß ein eigenes Erbgesetz. Dieses ist mit dem serbischen Verfassungsreformgesetz vom 10.3.1993 aufgehoben worden. Anders als im Kosovo ist es auch nicht später wieder in Kraft gesetzt worden, so dass in der Provinz Wojwodina nun das Erbgesetz der Republik Serbien von 1995 ohne die Modifikationen des autonomen Provinzrechts anzuwenden ist.
B. Internationales Erbrecht
Rz. 3
Die Erbfolge unterliegt gem. Art. 30 des Gesetzes zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Vorschriften anderer Staaten für bestimmte Verhältnisse (IPRG) der ehemaligen Sozialistischen Föderation Jugoslawien vom 15.7.1982 – welches nach Erlangung der Souveränität der Republik Serbien hier als autonomes Recht fortgilt – dem Recht des Staates, dessen Staatsangehöriger der Erblasser im Zeitpunkt des Todes gewesen ist. Nach serbischem IPR ist damit das Heimatrecht des Erblassers Erbstatut. Rechtswahlmöglichkeiten gibt es nicht. Ein Mehrstaater, der auch die serbische Staatsangehörigkeit besitzt, wird gem. Art. 11 Abs. 1 IPRG stets als serbischer Staatsangehöriger behandelt. Rück- und Weiterverweisungen des ausländischen Rechts werden gem. Art. 6 Abs. 1 IPRG beachtet. Nach einer Rückverweisung auf das serbische Recht findet unmittelbar das serbische Sachrecht Anwendung
Rz. 4
Auf die Erbfolge eines Erblassers mit serbischer Staatsangehörigkeit findet also aus Sicht der serbischen Gerichte stets das serbische Erbrecht Anwendung. Aus deutscher Sicht hingegen wäre zu differenzieren: Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt in Serbien, ist auch aus deutscher Sicht serbisches Recht anzuwenden und allenfalls die Wirksamkeit solcher Verfügungen, die er zu Zeiten eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland errichtet hat, ist gem. Art. 24 f. EuErbVO nach deutschem Recht zu beurteilen. Lebte der serbische Erblasser dagegen dauerhaft in Deutschland, so wird er aus deutscher Sicht nach deutschem Recht, aus serbischer Sicht dagegen nach serbischem Recht beerbt. Es kommt zu einem internationalen Entscheidungsdissens.
Rz. 5
Ein Entwurf für eine umfassende Neukodifikation des IPR in der Republik Serbien von 2014 sieht auf dem Bereich des internationalen Erbrechts eine weitreichende inhaltliche Annäherung an die EuErbVO vor. Voraussichtlich wird man also auch in der Serbischen Republik vom Staatsangehörigkeitsprinzip zur Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt übergehen. Allerdings ist ein Zeitpunkt für das Inkrafttreten dieses Gesetzes aktuell nicht absehbar.
Rz. 6
Das serbische IPR kennt kein echtes Errichtungsstatut für Verfügungen von Todes wegen. Art. 30 Abs. 2 IPRG verweist allein für die Testierfähigkeit auf das Recht des Staates, dem der Testator zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments angehörte. Zumindest insoweit findet daher eine unwandelbare Anknüpfung nach den Verhältnissen bei Errichtung des Testaments statt.
Rz. 7
Für die Formwirksamkeit von Testamenten gilt das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961. Darüber hinaus gilt für die Republik Serbien das Washingtoner Abkommen über ein einheitliches Recht der Form eines Internationalen Testaments vom 26.10.1973, welches noch die Sozialistische Föderation Jugoslawien ratifiziert hatte und in Serbien als Nachfolgestaat fortgilt. Die einschlägigen Regelungen des Washingtoner Abkommens befinden sich in den Art. 92 ff. serbErbG.
C. Gesetzliche Erbfolge
Rz. 8
Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Es gelten die Regeln der Repräsentation und der Erbfolge nach Stämmen (Art. 9 serbErbG). Eheliche, nichteheliche und adoptierte Abkömmlinge erben gleichberechtigt. Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers; bei Vorversterben eines Elternteils treten dessen Abkömmlinge in den Erbteil jeweils ihres Vorfahren ein – also die Geschwister des Erblassers; fehlen Abkömmlinge, so erhält ersatzweise der andere Elternteil bzw. erhalten dessen Abkömmlinge den Anteil des Vorverstorbenen (Art. 12 f. serbErbG). Erben dritter Ordnung sind die Großeltern beider Linien je zur Hälfte. Bei Vorversterben eines Teil...