Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitslose: Kostenübernahme für nicht von der Krankenkasse ersetzte Medikamenten- und Behandlungskosten. Zulässigkeit der darlehensweisen Leistungserbringung bei wiederkehrenden Bedarfen. Anspruch auf die Gewährung von Leistungen in sonstigen Lebenslagen neben Leistungen aus der Grundsicherung

 

Orientierungssatz

1. Die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommenen Kosten für Medikamente und Akupunkturbehandlungen stellen keinen im Rahmen der Regelungen in § 21 Abs. 2 bis 5 SGB II erstattungsfähigen Sonderbedarf dar.

2. Bei laufenden und wiederkehrenden Bedarfen (hier: Kostenübernahme für Medikamente und Akupunkturbehandlung) kommt eine darlehensweise Gewährung von zusätzlichen Leistungen nicht in Betracht.

3. Die Gewährung von Leistungen in sonstigen Lebenslagen gemäß § 73 Satz 1 SGB XII kommt nur bei einer Bedarfssituation in Betracht, die weder im SGB XII noch im SGB II oder in anderen Bereichen des Sozialrechts geregelt oder bewältigt sind. Eine Anwendung der Regelung neben Leistungen nach dem SGB II setzt deshalb nicht lediglich einen höheren Bedarf des Leistungsempfängers voraus, sondern eine besondere, von der in SGB II zugrunde gelegten Situation und Wertung abweichende Bedarfslage.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Übernahme von Kosten einer Medikamententherapie sowie einer Akkupunkturbehandlung.

Die am 00.00.1965 geborene Antragstellerin bezieht zusammen mit Ihrem Ehemann vom Antragsgegner darlehensweise Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie zahlt freiwillige Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung, die vom Antragsgegner darlehensweise übernommen werden. Die Antragstellerin leidet an anorexia nervosa sowie an einem LWS-Syndrom. Mit Schreiben vom 15.04.2008 legte sie eine Verordnung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. N. vor und beantragte beim Antragsgegner die Übernahme der Kosten für das Medikament Medivitan N Fer sowie, unter Hinweis auf eine Verordnung des Facharztes für Orthopädie S. vom 10.03.2008, die Übernahme der Kosten für die Zuzahlung zu einer Akkupunkturbehandlung. Zur Begründung führte sie aus, ihre Krankenkasse übernehme die Kosten für das Medikament nicht und lediglich einen Teil der Kosten für die Akkupunkturbehandlung, die erforderlich sei, weil sie Schmerzmedika-mente nicht vertrage.

Mit Bescheid vom 18.04.2008 lehnte der Antragsgegner eine Übernahme dieser Kosten ab und führte zur Begründung aus, es existiere hierfür keine gesetzliche Grundlage. Durch die Krankenversicherung der Antragstellerin sei eine ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung sichergestellt. Hinsichtlich der Zuzahlungen zu Medikamenten bestehe die Möglichkeit, bei der Krankenkasse eine Befreiung zu beantragen. Die Antragstellerin legte am 15.05.2008 Widerspruch ein und führte aus, die Kosten für von der Krankenkasse nicht übernommene Medikamente sowie Akkupunkturbehandlun-gen seien nicht mit der Regelleistung abgegolten, es handele sich um einen Sonderbedarf.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2008 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, eine dauerhafte Medikation könne auch nicht darlehensweise übernommen werden.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 04.07.2008 Klage erhoben (Az. S 6 AS 00/08) und sich am 05.07.2008 im Wege eines Eilantrags an das Gericht gewandt.

Die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für das Medikament Medivitan N Fer 8 sowie die Kosten der Zuzahlung zu einer Akkupunkturbehand- lung zu übernehmen.

Der Antragsgegner beantragt telefonisch, den Antrag abzulehnen.

Der Beigeladene beantragt, den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich der weiteren wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die Anträge sind zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemac...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge