Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Grundsicherung bei Erwerbsminderung. Voraussetzung der Zuerkennung eines Mehrbedarfs wegen Schwerbeschädigung. Zeitpunkt der Entstehung eines Mehrbedarfsanspruchs
Orientierungssatz
Für einen dauerhaft erwerbsgeminderten Schwerbeschädigten kann im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB 12 erst ab dem Zeitpunkt gewährt werden, ab dem der Feststellungsbescheid über die Zuerkennung des Merkzeichens “G„ tatsächlich beim Sozialhilfeträger vorgelegen hat, frühestens aber mit dem Zugang des Feststellungsbescheides beim Hilfeempfänger.
Tenor
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten rückwirkend einen Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen. Der am 00.00.0000 geborene Kläger leidet an einer Schizophrenie paranoider Form, einem Hodgkin-Lymphom sowie einer Hypothyreose. Bei ihm war zunächst ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt. Er bezieht von der DRV Rheinland eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie von der Beklagten Hilfe zum Lebensunterhalt. Am 21.09.2012 teilte er der Beklagten mit, er habe gegen einen Bescheid der Schwerbehindertenstelle des Kreises Düren Widerspruch eingelegt und begehre die Anerkennung des Merkzeichens "G". Sollte dieses rückwirkend bewilligt werden, beantrage er rückwirkend einen Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen. Mit Bescheid vom 17.04.2014 erkannte der Kreis Düren - Schwerbehindertenstelle - ab dem 22.05.2012 einen GdB von 80 sowie die Merkzeichen "G" und "B" an. Unter dem 07.05.2014 wurde dem Kläger ein entsprechender Schwerbehindertenausweis ausgestellt, den er der Beklagten in Ablichtung übersandte. Mit Änderungsbescheid vom 30.05.2014 erkannte die Beklagte ab 17.04.2014 einen Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung an. Mit weiterem Bescheid vom 10.07.2014 lehnte sie die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen Schwerbehinderung für die Zeit vor dem 17.04.2014 ab. Zur Begründung führte sie aus, ein solcher Mehrbedarf könne erst ab Nachweis der Zuerkennung des Merkzeichens "G" anerkannt werden. Ein Nachweis sei indessen erst mit Bescheid der Schwerbehindertenstelle vom 17.04.2014 erbracht worden. Der Kläger legte am 18.07.2014 Widerspruch ein und verwies auf den am 21.09.2012 beantragten Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2014 (den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugegangen am 12.11.2014) wies der Kreis Düren den Widerspruch unter Vertiefung der bisherigen Ausführungen zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 05.12.2014 Klage erhoben und gleichzeitig Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren sowie Beiordnung eines Rechtsanwalts begehrt.
Der Kläger beantragt seinem schriftsätzlichen Vorbringen nach sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2014 zu verpflichten, ihm für die Zeit vor dem 17.04.2014 einen Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO wird für diesen Fall ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt nach Wahl des beantragenden Beteiligten beigeordnet.
Im vorliegenden Fall waren Prozesskostenhilfe sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet bereits deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil die unter dem gleichen Aktenzeichen erhobene Klage zwar zulässig, aber unbegründet ist.
Die angefochtenen Bescheide beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie nicht rechtswidrig sind. Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung für die Zeit vor dem 17.04.2014.
Eine Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Beklagten ergibt sich nicht bereits daraus, dass sie über den Änderungsbescheid vom 30.05.2014 hinaus über die Gewährung eines Mehrbedarfs für die Zeit vor dem 17.04.2014 gleichsam isoliert entschieden hat. Denn bei einem Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand, so dass auch isoliert hierüber entschieden werden...