Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. keine Krankenhilfe bei Pflichtmitgliedschaft in sog "Bürgerversicherung". Ausschlusstatbestand nach § 5 Abs 8a S 3 SGB 5. Regelung des § 190 Abs 13 S 2 SGB 5
Orientierungssatz
1. Es besteht kein Anspruch auf Hilfe bei Krankheit gem § 48 SGB 12 iVm § 264 Abs 2 SGB 5, wenn der Hilfeempfänger zu diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied in der "Bürgerversicherung" nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 ist.
2. Der Ausschlusstatbestand nach § 5 Abs 8a S 3 iVm S 2 und 1 SGB 5 steht der Pflichtmitgliedschaft in der "Bürgerversicherung" nicht entgegen, wenn die laufenden Sozialhilfeleistungen nicht weniger als einen Monat unterbrochen werden.
3. Die Regelung in § 190 Abs 13 S 2 SGB 5 stellt sicher, dass Personen, die gem § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung geworden sind, auch dann Mitglied bleiben, wenn sie nach dem Beitritt Empfänger von Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB 12 werden.
Tenor
Der Bescheid der Beigeladenen vom 14.08.2009 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit 01.02.2009 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V krankenversicherungspflichtiges Mitglied der Beigeladenen ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beigeladene.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ab 01.02.2009 gegen den Beklagten einen Anspruch auf Krankenhilfe nach dem 5. Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hat oder bei der Beigeladenen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der so genannten "Bürgerversicherung" krankenpflichtversichert ist.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin war zuletzt von 1992 bis 30.06.2000 als Pflichtmitglied und vom 01.07.2000 bis 15.04.2001 als freiwilliges Mitglied bei der "Barmer Ersatzkasse", einer Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, gesetzlich krankenversichert. Seitdem war sie nicht mehr - gesetzlich oder privat - krankenversichert gewesen.
Vom 01.03.2006 bis 31.01.2009 bezog die Klägerin vom Beklagten - zuletzt bewilligt durch Bescheid vom 24.06.2008 - laufende Leistungen der Grundsicherung (GSi) im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Als Einkommen wurden bedarfsmindernd eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 308,06 EUR und eine monatliche Erbteilszahlung in Höhe von 345,12 EUR - jeweils Stand Juli 2008 - berücksichtigt. Während des GSi-Leistungsbezuges erhielt die Klägerin vom Beklagten bei Bedarf Krankenhilfe nach dem 5. Kapitel des SGB XII, die gem. 264 Abs. 2 SGB V über die AOK Rheinland/Hamburg abgewickelt wurde.
Ab 01.01.2009 erhielt die Klägerin Wohngeld in Höhe von monatlich 105,00 EUR. Die Berücksichtigung dieses zusätzlichen Einkommens führte dazu, dass das Gesamteinkommen der Klägerin deren sozialhilferechtlichen Bedarf um 57,58 EUR überstieg. Der Beklagte stellte die laufenden GSi-Zahlungen zum 31.01.2009 ein.
Durch Bescheid vom 19.01.2009 hob der Beklagte die (letzte) Entscheidung über die Bewilligung von GSi im Alter ab 01.01.2009 auf. Er wies auf den fehlenden Krankenversicherungsschutz ab 01.02.2009 hin und bat die Klägerin, einen Antrag auf Aufnahme in die "Bürgerversicherung" zu stellen.
Am 28.01.2009 sprach die Klägerin bei der Beigeladenen wegen einer Krankenversicherung ab 01.02.2009 vor. Diese teilte ihr am 30.01.2009 mit, dass bei Begründung einer Mitgliedschaft ein monatlicher Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 143,64 EUR zu zahlen wäre; sie meinte, dass nach Zahlung dieses Betrages wieder Anspruch auf GSi bestünde, und bat die Klägerin, diesen Anspruch durch den Beklagten überprüfen zu lassen.
Daraufhin legte die Klägerin am 03.02.2009 gegen den Bescheid des Beklagten vom 19.01.2009 Widerspruch ein.
Am 22.04.2009 forderte der Beklagte die Klägerin schriftlich auf, die Aufnahme in die "Bürgerversicherung" ab 01.02.2009 durch Vorlage eines entsprechenden Beitragsbescheides der Beigeladenen nachzuweisen.
Am 09/14.07.2009 erstattete die Klägerin der Beigeladenen eine förmliche Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Durch Bescheid vom 14.07.2009 lehnte die Beigeladene den Antrag auf Mitgliedschaft ab mit der Begründung, es bestehe keine Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ab 01.02.2009, da ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestehe. Sie verwies hierzu auf die Regelungen des § 5 Abs. 8a Satz 2 und 3 i.V.m. Satz 1 SGB V. Da durch die bereits für den gesamten Monat Februar zu zahlenden Beiträge Sozialhilfebedürftigkeit bestünde, habe keine Handhabe bestanden, die Leistung einzustellen. Wenn aber der Anspruch auf Sozialhilfe für weniger als einen Monat unterbrochen werde, schließe dies Versicherungspflicht in der Bürgerversicherung aus. Desweiteren vertrat die Beigeladene die Auffassung, dass die Klägerin anderweitig gegen den Krankheitsfall abgesichert (gewesen) sei, weil sie bisher durch das Sozialamt zu den Betreuten nach § 264 Abs. 2 SGB V zähle; dies allein schließe Versiche...