nicht rechtskräftig
Tenor
Der Bescheid vom 28.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2003 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, Arbeitslosenhilfe ab 25.06.2003 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.
Der am 00.00.1951 geborene Kläger arbeitete zuletzt von Mai 1997 bis Juni 1999 als Logistikleiter bei der Firma E GmbH & Co. KG, M, danach bezog er Arbeitslosengeld, anschließend zahlte die Beklagte Arbeitslosenhilfe. Ansprüche des Klägers aus Lebensversicherungsverträgen berücksichtigte die Beklagte aufgrund der bis zum 31.12.2002 geltenden Rechtslage nicht bedürftigkeitsmindernd.
Am 23.06.2003 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe. Er gab folgendes Vermögen an: Girokonto: 246,88 Euro, Sparbuch: 1608,76 Euro, Kapitallebensversicherung: 23695,00 Euro (Auszahlungsbetrag) Kapitallebensversicherung: 1279,00 Euro (Auszahlungsbetrag), Gesamt: 26829,64 Euro. Die Beklagte errechnete für den Kläger und seine Ehefrau einen Freibetrag in Höhe von 20800,00 Euro und lehnte mit Bescheid vom 28.07.2003 den Weiterzahlungsantrag ab, weil der Kläger nicht bedürftig sei.
In Widerspruchsverfahren meinte der Kläger, sein Vermögen, das im Wesentlichen aus Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen bestehe, sei nicht verwertbar, denn dieses sei für seine Alterssicherung bestimmt.
Mit Bescheid vom 10.10.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Vermögen, welches zur Alterssicherung bestimmt ist, sei nur dann anrechnungsfrei, wenn der Arbeitslose oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 231 SGB VI befreit ist. Ein derartiger Sachverhalt liege beim Kläger bzw. seiner Ehefrau nicht vor.
Hiergegen richtet sich die am 06.11.2003 erhobene Klage. Der Kläger beruft sich auf das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12.02.2003 - S 58 AL 2208/02 -. Er hat mitgeteilt, dass für die Lebensversicherungen Einzahlungen geleistet wurden, die in etwa in Höhe des Auszahlungsbetrages liegen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 28.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosenhilfe ab 25.06.2003 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Verwertung der Lebensversicherungen für zumutbar, da die Einzahlungsbeträge nicht wesentlich über dem Auszahlungsbetrag liegen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.
Die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gem. § 190 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 SGB III liegen nach dem 24.06.2003 weiterhin vor. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Im Gegensatz zur Meinung der Beklagten ist der Kläger auch bedürftig im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III.
Bedürftig ist gem. § 193 Abs. 1 SGB III ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht. Nicht bedürftig ist gem. § 193 Abs. 2 SGB III ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen oder das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist.
§ 193 Abs. 2 SGB III regelt generalklauselartig lediglich den Grundsatz der Berücksichtigung von Vermögen. Welche Vermögenswerte im Einzelnen zu berücksichtigen sind, bestimmt die aufgrund der Ermächtigung in § 206 Nr. 1 SGB III erlassene AlhiV vom 31.12.2001, geändert durch Artikel 11 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 in der Fassung ab 01.01.2003.
Gem. § 1 Abs. 1 AlhiV ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist gem. § 1 Abs. 2 AlhiV ein Betrag von 200,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners, dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13000,00 Euro nicht übersteigen. Diesen Freibetrag hat die Beklagte grundsätzlich zutreffend berechnet.
Die Freibetragsregelung des § 1 Abs. 2 der aktuellen AlhiV ist in Verbindung mit dem Wegfall von § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiV 1974 mit höherrangigem Recht indes nicht zu vereinbaren (vgl. hierzu und zum Folgenden bereits Urteil der Kammer vom 12.12.2003 - S 8 AL 111/03; Berufungsverfahren beim LSG NRW anhängig unter dem Aktenzeichen L 9 AL 24/04)...