Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Rücknahmefiktion bei Nichtzahlung der vom Berufungsausschuss/Ärzte für das Widerspruchsverfahren festgesetzten Gebühr
Orientierungssatz
1. Im Verfahren vor dem Berufungsausschuss für Ärzte gilt nach § 45 Abs. 1 Ärzte-ZV der Widerspruch als zurückgenommen, wenn die Gebühr nach § 46 Ärzte-ZV nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet ist. Die Gebühr beläuft sich auf 200.- €. und ist mit Einlegung des Widerspruchs fällig.
2. Die Vorschrift über die Vorschusspflicht des Rechtsuchenden ist mit Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG auch dann vereinbar, wenn sie für den Fall der Nichtzahlung anordnet, dass der entsprechende Rechtsbehelf als zurückgenommen gilt.
3. Hat der Berufungsausschuss die Gebühr zutreffend ermittelt, den richtigen Gebührengläubiger benannt und in unmissverständlicher Form auf die Folgen einer Nichteinhaltung der Zahlungsfrist hingewiesen, so sind die Voraussetzungen der Rücknahmefiktion in § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV erfüllt.
4. Für die Streitwertfestsetzung des Klageverfahrens sind die Einnahmen maßgeblich, die der Kassenarzt im Fall der Weiterführung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit innerhalb der nächsten drei Jahre unter Abzug der Praxiskosten hätte erzielen können.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten.
Der Streitwert wird auf 40.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den Entzug der Zulassung als Vertragsarzt.
Mit Beschluss vom 18.05.2009 entzog der Zulassungsausschuss für Ärzte Köln dem Kläger die Zulassung mit der Begründung, der Kläger übe die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr aus. Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 28.05.2009 (Eingang beim Beklagten am 15.06.2009) Widerspruch ein. Der Beklagte forderte ihn sodann mit Schreiben vom 16.06.2009 zur Zahlung einer Gebühr i.H.v. 200.- Euro bis zum 26.06.2009 auf und wies darauf hin, dass der Widerspruch bei nicht fristgemäßer Zahlung als zurückgenommen gelte. Mit Schreiben vom 11.08.2009 setzte der Beklagte, nachdem keine Zahlung eingegangen war, eine Nachfrist bis zum 21.08.2009 und stellte mit Beschluss vom 26.08.2009 fest, der Widerspruch gelte als zurückgenommen.
Hiergegen richtet sich die am 17.09.2009 erhobene Klage. Die Gebühr ist am 14.10.2009 beim Beklagten eingegangen.
Der Kläger führt aus, er habe die Gebühr nicht entrichten können, da er sich vom 10.08.2009 bis zum 06.09.2009 zur stationären Behandlung in einer Klinik befunden habe. Aus gesundheitlichen Gründen habe er die Station nicht verlassen können. In der Sache sei der Beschluss des Zulassungsausschusses unrichtig, denn der Kläger übe seine Tätigkeit weiterhin aus.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte Köln vom 18.05.2009 in der Fassung des Beschlusses des Beklagten vom 26.08.2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt bei seiner Auffassung und hat ergänzend ausgeführt, zum Datum der Anweisung der Gebühr könne er keine Angaben machen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte trotz Ausbleiben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da dieser über die Folgen seines Nichterscheinens hinreichend belehrt worden ist (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG).
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das Gericht darf in der Sache nicht über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 18.05.2009 entscheiden, da entgegen § 78 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) keine Überprüfung der angegriffenen Entscheidung im Vorverfahren stattgefunden hat. Als Vorverfahren im Sinne dieser Vorschrift gilt gem. § 97 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) auch das Verfahren vor dem Berufungsausschuss.
Der Berufungsausschuss wiederum brauchte keine Sachentscheidung über den Widerspruch des Klägers zu treffen, da der Widerspruch gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) als zurückgenommen gilt.
1.) a) Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV gilt im Verfahren vor dem Berufungsausschuss der Widerspruch als zurückgenommen, wenn die Gebühr nach § 46 Ärzte-ZV nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet ist. Die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung sind in der Anforderung zu vermerken, § 45 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV. Die Gebühr für ein Widerspruchsverfahren, mit dem der Arzt die Änderung eines Verwaltungsaktes anstrebt, beläuft sich nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d Ärzte-ZV auf 200.- Euro. Die Gebühr wird mit Einlegung des Widerspruchs fällig (§ 46 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV) und ist an die Geschäftsstelle des Berufungsausschusses zu zahlen, § 46 Abs. 3 Buchstabe c Ärzte-ZV.
b) Zweifel an der Vereinbarkeit von § 45 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV mit höh...