Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensmindernde Berücksichtigung der Beiträge für eine Privathaftpflichtversicherung
Orientierungssatz
Die Beiträge zur Privathaftpflichtversicherung müssen einkommensmindernd bei der Berechnung des sozialhilferechtlichen Bedarfs berücksichtigt werden.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.01.2011in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2011 verurteilt, bei der Bemessung der Sozialhilfe der Klägerin ab 01.12.2010 die monatlichen Beiträge für eine private Haftpflichtversicherung als das einzusetzende Einkommen mindernd zu berücksichtigen, der Klägerin für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.03.2012 107,68 EUR nachzuzahlen und ihr ab 01.04.2012 höhere Sozialhilfeleistungen entsprechend der jeweiligen Beitragshöhe zu gewähren.
Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte im Rahmen der der Klägerin ab 01.12.2010 geleisteten und künftig zu leistenden Sozialhilfe die von ihr zu zahlenden Beiträge für eine Privathaftpflichtversicherung einkommensmindernd zu berücksichtigen hat.
Die 0000 geborene Klägerin ist schwerbehindert und erheblich pflegebedürftig. Sie bezieht ein Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach Pflegestufe I.
Seit 04.11.2010 lebt sie dauerhaft in einem Altenpflegeheim. Am selben Tag beantragte sie die Übernahme der nach Einsatz von Einkommen und Vermögen ungedeckten Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe. Als von ihrem Einkommen absetzbare Beträge machte sie u.a. Beiträge zu einer Privathaftpflichtversicherung in Höhe von monatlich 6,55 EUR geltend, die sie durch eine entsprechende Beitragsrechnung belegte.
Durch Bescheid vom 17.01.2011 lehnte der Beklagte die Übernahme der Haftpflichtversicherungskosten ab mit der Begründung, diese Versicherung gehöre nicht zum (angemessenen) sozialhilferechtlichen Bedarf.
Dagegen erhob die Klägerin am 23.01.2011 Widerspruch. Sie legte eine Beitragsrechnung ihres Haftpflichtversicherers vor, wonach der Beitrag seit Juli 2011 monatlich 6,87 EUR beträgt.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19.08.2011 zurück. Er meinte, eine Haftpflichtversicherung stelle im Rahmen der Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen keinen sozialhilferechtlichen Bedarf dar.
Dagegen hat die Klägerin am 16.09.2011 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei der privaten Haftpflichtversicherung zwar um keine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung handele; jedoch könne ein Haftpflichtfall für den Betroffenen besondere existenzgefährdende Bedeutung gewinnen. Es handele sich um eine allgemein übliche Versicherung, die von allen sozialen Schichten gleichermaßen gerade zum Schutz vor Inanspruchnahme in existenzgefährdendem Ausmaß abgeschlossen werde. Haftpflichtschäden könnten Jeden bereits in alltäglichen Situationen treffen; die Regulierung solcher Schäden könne so weit gehen, dass wirtschaftliche Existenzen vernichtet würden. Die Klägerin macht darüber hinaus ein besonderes Haftungsrisiko geltend; sie leide unter Blutarmut und einer chronischen Schwäche, die dazu führe, dass sie über das übliche alltägliche Ausmaß hinaus Gegenstände fallen lasse oder aber auch selbst falle und hierdurch Güter Dritter gefährde. Auch bei einer vollstationären Heimunterbringung sei für sie der Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung angemessen und sinnvoll. Insbesondere Schäden gegenüber anderen Personen seien weder durch die Pflegeversicherung noch sonst durch das Heim abgedeckt. Die Klägerin verweist hierzu auf den Heimvertrag und die darin getroffenen Vereinbarungen. Sie hat im Übrigen den Versicherungsvertrag zu der von ihr geschlossenen Privathaftpflichtversicherung und die dazugehörigen Kundeninformationen und Versicherungsbedingungen vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.01.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2011 zu verurteilen, bei der Bemessung der Sozialhilfe ab 01.12.2010 die monatlichen Beiträge für eine private Haftpflichtversicherung als das einzusetzende Einkommen mindernd zu berücksichtigen, ihr für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.03.2012 107,68 EUR nachzuzahlen und ab 01.04.2012 höhere Sozialhilfeleistungen entsprechend der jeweiligen Beitragshöhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verbleibt bei seiner Auffassung, dass die privaten Haftpflichtversicherungsbeiträge zwar der Höhe nach angemessen sein mögen, jedoch im Rahmen einer stationären Heimunterbringung nicht zum sozialhilferechtlichen Bedarf gehörten. Der Beklagte behauptet, die Heimleitung habe ihm gegenüber bestätigt, dass von der Klägerin im Heim verursachte Schäden durch die Pflegesätze abgegolten seien. Soweit die Einrichtung nicht für Schäden gegenüber Dritten hafte, sei angesichts der Pflegebedürftigkeit der Klägerin die Seltenheit solcher Schäden nachvol...