Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Berechnung. Einkommen. steuerpflichtiges Bruttoeinkommen. Gesamtbruttoeinkommen. Berücksichtigung von steuerfreien Beiträgen zur Altersvorsorge
Orientierungssatz
1. Zur Berechnung des Elterngeldes unter Berücksichtigung von steuerfreien Beiträgen zur Altersvorsorge als Einkommen.
2. Der "Überschuss der Einnahmen" iS des § 2 Abs 7 S 1 BEEG ist nicht auf das so genannte steuerpflichtige Bruttoeinkommen beschränkt, sondern umfasst alle laufenden Einnahmen, also das so genannte Gesamtbruttoeinkommen, egal ob es steuerpflichtig ist oder nicht.
Nachgehend
Tenor
Der Beklagte wird unter entsprechender Abänderung des Bescheides des Versorgungsamtes Aachen vom 08.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 15.06.2007 verurteilt, der Klägerin weiteres Elterngeld für die Monate Februar bis Dezember 2007 von monatlich 61,05 EUR, insgesamt 671,55 EUR zu zahlen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über höheres Elterngeld für das Jahr 2007 im Umfang von 671,55 EUR.
Die Klägerin ist verheiratet und hat 3 Kinder. Diese sind am 00.00.2002, am 00.00.2004 und am 00.00.2007 geboren. Die Klägerin war vor der Geburt des jüngsten Kindes berufstätig und erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. In der Zeit vom 15.11.2006 bis 23.02.2007 erhielt sie Mutterschaftsgeld und dazu einen Zuschuss des Arbeitgebers. Ausweislich der Gehaltsmonatsbescheinigungen des Arbeitgebers gestaltete sich der Verdienst der Klägerin von November 2005 bis Oktober 2006 wie folgt:
Monat Gesamtbruttoverdienst steuerpflichtiger Steuerverdienst 11/2005 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 12/2005 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 01/2006 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 02/2006 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 03/2006 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 04/2006 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 05/2006 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 06/2006 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 07/2006 1.506,55 EUR 1.356,55 EUR 08/2006 1.101,59 EUR 951,59 EUR 09/2006 1.101,59 EUR 951,59 EUR 10/2006 1.101,59 EUR 951,59 EUR
Die Klägerin zahlte auf ihr Arbeitsentgelt Sozialversicherungsabgaben, aber keine Steuern. Die Differenz von monatlich 150,00 EUR zwischen dem Gesamtbruttoverdienst und dem steuer- bzw. sozialversicherungspflichtigen Bruttoverdienst beruht darauf, dass dieser Betrag durch den Arbeitgeber bis Juli 2007 unmittelbar vom Bruttoarbeitsentgelt der Klägerin einbehalten und - steuer- und abgabenfrei - in eine Pensionskasse abgeführt wurde. Grundlage hierfür war eine zwischen dem Arbeitgeber und der Klägerin geschlossene "Vereinbarung über die Umwandlung von Arbeitsentgelt in Versicherungsschutz nach § 3 Nr. 63 EStG - Pensionskasse -". In der Zeit, in der der Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt zahlte, entrichtete die Klägerin die Beiträge zur Pensionskasse selbst. Am 05.03.2007 beantragte die Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat des am 01.01.2007 geborenen Kindes.
Durch Bescheid vom 08.03.2007 bewilligte das Versorgungsamt Aachen Elterngeld für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2007 unter Anrechnung des Mutterschaftsgeldes und unter Einbeziehung eines Geschwisterbonus von 75,00 EUR, und zwar für Februar 2007 51,84 EUR für März bis Dezember 2007 jeweils 725,78 EUR 7.257,80 EUR insgesamt 7.309,64 EUR.
Der Berechnung des monatlichen Elterngeldes hatte das Versorgungsamt die steuer- und sozialversicherungspflichtigen Bruttoverdienstbeträge der Monate November 2005 bis Juli 2006 in Höhe von jeweils 1.356,55 EUR und der Monate August bis Oktober 2006 in Höhe von jeweils 951,59 EUR zugrunde gelegt.
Dagegen legte die Klägerin am 02.04.2007 Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, bei der Berechnung des Elterngeldes müsse von den jeweiligen monatlichen Gesamtbruttoverdienstbeträgen ausgegangen werden. Sie legte hierzu eine Jahresverdienstbescheinigung des Arbeitgebers für November 2005 bis Oktober 2006 vor; in dieser wird der "Bruttoverdienst" für die Monate November 2005 bis Juli 2006 jeweils mit 1.506,55 EUR, für die Monate August bis Oktober 2006 jeweils mit 1.101,59 EUR ausgewiesen.
Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 15.06.2007 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 16.07.2007 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 7 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei der Überschuss der Einnahmen über die Werbungs- kosten, vermindert um die gesetzlichen Abzüge (Steuer und Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag). Der Umstand, dass der Gesetzgeber bestimmte (steuerpflichtige) Bezüge nicht als für die Berechnung des Elterngeldes heranzuziehendes Einkommen bestimmt hat, lege den Schluss nahe, dass es sich bei dem Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG nicht um das steuerpflichtige Bruttoeinkommen, sondern um das Gesamtbruttoeinkommen handele. Auch die...