Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungsfreiheit eines Beamten bzw. des Beschäftigten einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in der Arbeitslosenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3 sind in der Arbeitslosenversicherung Personen versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Dies ist u. a. bei einem Professor an einer Fachhochschule bzw. einem ehemaligen kommunalen Wahlbeamten der Fall.

2. Sowohl § 6 Abs. 1 Nrn. 2 und 6 SGB 5 als auch der hieran anknüpfende § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3 setzen eine streng statusbezogene Sicherung im Krankheitsfall voraus.

3. Ist der Betreffende nach beamtenrechtlichen Vorschriften im Fall der Krankheit durch die Fortzahlung eines ungekürzten Unterhaltsbeitrags nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sozial abgesichert und erhält er außerdem im Krankheitsfall Beihilfe zur Deckung der Krankheits- und Behandlungskosten, so bedarf er bei Verlust seiner Anstellung nicht des Schutzes der Arbeitslosenversicherung.

4. In einem solchen Fall sind die zur Arbeitslosenversicherung entrichteten Beiträge nach § 26 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 S. 1 SGB 4 zu erstatten.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 verurteilt, dem Kläger die im Kalenderjahr 2014 gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR zu erstatten. Es wird festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei ist. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung.

Der im Jahre 1960 geborene Kläger stand vom 01.04.1988 bis zum 30.06.2014 in einem Beamtenverhältnis; zuletzt war er Beigeordneter (Sozialdezernent) der Stadt Mönchen-gladbach (kommunaler Wahlbeamter). Seit dem 01.07.2014 bezieht er von der Stadt Mönchengladbach beamtenrechtliche Versorgungsbezüge. Er ist dementsprechend beihilfeberechtigt und nach § 6 Abs. 1 SGB V von der Krankenversicherungspflicht befreit. Seit dem 18.08.2014 ist der Kläger als Professor im Angestelltenverhältnis mit 0,75 Stellenanteil bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Köln beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist er in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6 SGB V); wurde jedoch von seinem Arbeitgeber beitragspflichtig zur Renten- und Arbeitslosenversicherung angemeldet. Im Kalenderjahr 2014 entrichtete der Kläger Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR.

Unter dem 30.01.2015 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Abführung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und beantragte die Erstattung der 2014 zu Unrecht entrichten Beiträge in Höhe von 284,72 EUR. Er gab an, er beziehe von der Stadt Mönchengladbach seit dem 01.07.2014 beamtenrechtliche Versorgungsbezüge (59,87 % von B 6) und sei beihilfeberechtigt. Nach § 6 Abs. 1 Nrn. 2 und 6 SGB V sei er deshalb von der Kranken-versicherungspflicht befreit. Da die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung an diejenige in der Krankenversicherung anknüpfe, sei er in seiner Beschäftigung als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung arbeitslosenversicherungsfrei. Durch Bescheid vom 18.03.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erstattung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge ab.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 21.05.2015 als unbegründet zurück. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, aktive Beamte seien im Rahmen ihres Dienstverhältnisses arbeitslosenversicherungsfrei (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Versicherungsfreiheit beziehe sich aber nur auf das aktive Dienstverhältnis. Vergleichbare Regelungen für pensionierte Beamte mit Versorgungsbezügen gebe es nicht. Sofern diese als Arbeitnehmer beschäftigt seien, gebe es bezüglich der Versicherungsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung keine Besonderheiten. Die Befreiungsmöglichkeit nach § 28 SGB III scheide ebenfalls aus, da ein Anspruch auf Regelaltersrente im Sinne des SGB VI nicht bestehe.

Gegen den am 22.05.2015 zugestellten Widerspruchsbescheid richtet sich die am 02.06.2015 erhobene Klage. Der Kläger verweist auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 16.09.2009 (L 9 KR 282/06), wonach für die Bei-räge zur Arbeitslosenversicherung dieselben Grundsätze zu gelten hätten wie für die Beiträge zur Krankenversicherung. Sowohl § 6 Abs. 1 SGB V als auch § 27 Abs. 1 SGB III setze eine streng statusbezogene Absicherung voraus. Die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende Anwartschaft auf Ruhegehalt und Beihilfe führe zur Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung. Für die Arbeitslosenversicherung könne nichts anderes gelten, weil in seinem Fall ei...

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