Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des SG Aachen vom 13.9.2016 - S 13 KR 410/15, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf 6.600,00 EUR festgesetzt.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Erstattung von in 23 Krankhausbehandlungsfällen gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gezahlten Aufwandspauschalen á 300,00 EUR, insgesamt 6.900,00 EUR hat.

Die Beklagte betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelte sie in den Jahren 2011 bis 2015 u.a. auch 23 Versicherte der Klägerin, die diese im Klageverfahren benannt hat. Die Beklagte übermittelte der Klägerin für jeden der 23 Fälle eine Vergütungsrechnung nebst den erforderlichen Daten gemäß § 301 SGB V. &61485; In allen streitbefangenen 23 Fällen beauftragte die Klägerin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung der jeweiligen Behandlung, davon in 8 Fällen nach dem 01.07.2014. Der MDK zeigte der Beklagten den jeweiligen Prüfauftrag mit folgenden - so oder ähnlich formulierten - Hinweisen an: "Uns liegt ein Auftrag der Krankenkasse der/des o.g. Versicherten zur Begutachtung der o.g. stationären Behandlung nach § 275 Abs. 1 SGB V vor." und "Für Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V kommen wir unserer Benachrichtigungspflicht gemäß § 275 Abs. 1c SGB V nach." &61485; In allen streitbefangenen 23 Fällen erhob der MDK im Rahmen der erteilten Prüfaufträge bei der Beklagten weitere - über diejenigen nach § 301 SGB V hinausgehende - Daten, indem er vor Ort die Krankenakten einsah oder diverse medizinische Unterlagen von der Beklagten beizog; dies waren - je nach Prüfbedarf - z.B. Krankenhausentlassungsberichte, Anamnesebögen, Aufnahmebefunde, ärztliche Verlaufsdokumentation, Pflegeverlaufsdokumentation, Operationsberichte/Eingriffsprotokolle, Anästhesieprotokolle, Beatmungsprotokolle, Laborberichte, Befundberichte, Transfusionsprotokolle, Fieberkurven, Intensivkurven. &61485; In allen 23 streitbefangenen Fällen führte die Prüfung des MDK nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages und zahlte die Klägerin der Beklagten jeweils eine Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Höhe von 300,00 EUR, insgesamt 6.900,00 EUR.

Mit Schreiben vom 11.08.2015 forderte die Klägerin von der Beklagten die in den 23 und weiteren 14 Behandlungsfällen gezahlten Aufwandspauschalen in Höhe von 11.100,00 EUR (37 x 300,00 EUR) zurück mit der Begründung, die Zahlungen seien zu Unrecht erfolgt. Sie verwies auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 01.07.2014 (B 1 KR 29/13 R) und 14.10.2014 (B 1 KR 26/13 R); sie meinte, darin habe das BSG die Rechnungsprüfungen des MDK in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Die Auffälligkeitsprüfung, in der es um die Wirtschaftlichkeit (in der Regel um Notwendigkeit und Dauer) einer stationären Krankenhausbehandlung gehe, grenze sich von der sachlich-rechnerischen Prüfung ab, bei der es um die Überprüfung der Korrektheit der vom Krankenhaus übermittelten § 301-Daten gehe, die für die Bestimmung der abzurechnenden Entgelte (z.B. DRG, ZE) maßgebend seien. Das BSG habe festgestellt, dass auf eine rein sachlich-rechnerische Prüfung § 275 Abs. 1c SGB V keine Anwendung finde; weder gelte die Prüffrist von sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse noch entstehe für die Krankenkasse im Fall einer die Abrechnung bestätigenden Prüfung eine Verpflichtung zur Zahlung der Aufwandspauschale von 300,00 EUR. Die Klägerin meinte, die Entscheidung des BSG habe rechtliche Wirkung auch für zurückliegende Fälle. Sie stufte die in der dem Schreiben beigefügten Liste aufgeführten 37 Fälle als solche ein, in denen von ihr Aufwandspauschalen für Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit bezahlt worden seien, und bat um Gutschriften für die aus ihrer Sicht zu Unrecht geleisteten Zahlungen bis 15.09.2015.

Die Beklagte lehnte die Erstattung ab.

Am 29.12.2015 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 6.600,00 EUR (für 22 Prüffälle á 300,00 EUR) erhoben. Mit Schriftsatz vom 17.05.2016 hat sie die Klageforderung um 300,00 EUR für einen weiteren Prüffall (Behandlung vom 25.03. bis 08.05.2012) erweitert. Sie vertritt die Auffassung, sie habe in den 23 nun streitigen Behandlungsfällen zu Unrecht eine Aufwandspauschale von 300,00 EUR gezahlt, wie sie bereits im Schreiben vom 11.08.2015 dargelegt habe. Ihr stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung dieser Aufwandspauschale zu, weil es sich um sachlich-rechnerische Prüfungen gehandelt habe, für die nach Auffassung des BSG, die sie sich zu eigen mache, § 275 Abs. 1c SGB V nicht gelte. Die Rückforderungsansprüche seien weder verjährt noch verwirkt und könnten auch rückwirkend noch geltend gemacht werden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 6.900,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29...

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