Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Kostenübernahmepflicht des Leistungsträgers für die Passbeschaffung eines Sozialhilfeempfänger
Leitsatz (redaktionell)
Parallelentscheidung zu SG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2013, S 20 SO 66/13.
Orientierungssatz
In dem für die Sozialhilfeleistungen auf der Basis des RBEG festgesetzten Regelsatz sind auch die Ausgaben für Ausweispapiere als notwendiger Lebensbedarf berücksichtigt, so dass die Beschaffung eines Passes aus der Regelleistung zu besorgen ist und ein Anspruch auf gesonderte Leistungsgewährung jedenfalls seit dem 1. Januar 2011 nicht besteht (Abgrenzung zu LSG Essen, Urteil vom 23. Mai 2011, L 20 AY 19/08). Die Kosten können aber durch den Sozialhilfeträger in Form eines ergänzenden Darlehens gemäß § 37 Abs. 1 SGB 2 übernommen werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte Kosten für die Beschaffung eines türkischen Passes in Höhe von 182,20 EUR aus Sozialhilfemitteln als Zuschuss statt - wie bewilligt - als Darlehen zu übernehmen hat.
Der 0000 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er steht unter amtsgerichtlich angeordneter Betreuung. Er bezieht von der Beklagten laufend ergänzende Sozialhilfe (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), zuletzt bewilligt vom 01.11.2012 bis 31.10.2013 durch Bescheid vom 21.11. und 19.12.2012. Der Kläger war bisher erheblich pflegebedürftig, ist inzwischen schwerstpflegebedürftig und bezieht seit Juni 2013 Leistungen nach der Pflegestufe II.
Am 18.02.2013 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines neuen Passes in Höhe von 208,00 EUR als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, gemäß § 73 SGB XII mit der Begründung, der alte Pass sei abgelaufen, in Deutschland bestehe Passpflicht.
Durch Bescheid vom 21.02.2013 lehnte die Beklagte die Übernahme der Passgebühren nach § 73 SGB XII ab. Bei Passkosten handele es sich nicht um einen laufenden, sondern einen unregelmäßig anfallenden Bedarf. Wenn es keine andere Möglichkeit gebe, die Kosten für die Passgebühren aufzubringen, könne ein Darlehen nach § 37 Ab. 1 SGB XII beantragt werden.
Gegen die Ablehnung der Übernahme der Passkosten als Zuschuss erhob der Kläger am 25.02.2013 Widerspruch. Am selben Tag beantragte er ein Darlehen für die Passkosten gem. § 37 SGB XII in Höhe von 208,00 EUR.
Durch Bescheid vom 28.02.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger ein Darlehen für die Passbeschaffung in Höhe von 179,20 EUR. Die Höhe des Darlehens begründete sie damit, dass für die Ausstellung des neuen türkischen Passes 208,00 EUR anfielen; da die Gebühren für einen Personalausweis als mit dem Regelsatz abgegolten anzusehen seien, werde der derzeitige geltende Gebührensatz für die Beschaffung eines (deutschen) Personalausweises in Höhe von 28,80 EUR in Abzug gebracht.
Am 12.04.2013 teilte der Betreuer des Klägers der Beklagten mit, dass er die Gesamtsumme für den Reisepass - 211,00 EUR - bezahlt habe. Er legte hierzu eine entsprechende Quittung vor und bat um Überweisung des Betrages auf sein Konto. Er erklärte sich damit einverstanden, dass (zur Tilgung des Darlehens) monatlich 20,00 EUR von der Sozialhilfe einbehalten werden könne.
Daraufhin änderte die Beklagte durch Bescheid vom 16.04.2013 den Darlehensbetrag auf 182,20 EUR (211,00 EUR abzüglich 28,80 EUR). Die Rückzahlung des Darlehens habe in neun Raten a 20,00 EUR und einer zehnten Rate von 2,20 EUR zu erfolgen.
Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24.04.2013 mit ausführlicher Begründung und Hinweis auf mehrere sozialgerichtliche Entscheidungen zurück.
Dagegen hat der Kläger am 22.05.2013 Klage erhoben. Er weist nochmals darauf hin, dass aufgrund der einschlägigen Rechtsvorschriften eine Passbeschaffungspflicht des Leistungsempfängers bestehe. Der Bedarfssatz des SGB XII enthalte nur die Passkosten für Deutsche in Höhe von 28,80 EUR, nicht aber die Kosten für einen ausländischen Ausweis. Da es sich nicht um einen laufenden Bedarf handele, entfalle eine Anwendung der Vorschrift des § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII. Der Kläger meint, ein Darlehen nach Maßgabe der Regelung des § 37 SGB XII scheide aus, weil diese Vorschrift voraussetze, dass ein vom Regelbedarf umfasster Bedarf nicht gedeckt werden könne, es sich aber bei ausländischen Passkosten gerade nicht um einen in der Bemessungsgrundlage des Eckregelsatzes enthaltenen Bedarfs handele. Dass dies so sei, liege schon in der Natur der Sache, weil dieser Bedarf nur bei ausländischen Hilfeempfängern anfalle. Auch aufgrund seiner Höhe werde deutlich, dass er nicht berücksichtigt worden sein könne, da er ansonsten wegen der mehr als über 700 % erhöhten Beträge zu den Passkosten von Deutschen zu einer Erhöhung der Kosten für Dienstleistungen im Eckregelsatz hätte führen müssen. Ausgehend davon, dass ein Pass alle ...