Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff “Familienangehöriger„ im Sinne des § 7 AsylbLG
Orientierungssatz
1. Der Begriff “Familienangehöriger„ im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AsylbLG ist umstritten.
2. Er ist nach Auffassung der Kammer eng auszulegen und umfasst nur die Ehegatten und die minderjährigen Kinder der Leistungsberechtigten. Als normativer Ansatzpunkt innerhalb des AsylbLG dient § 1 a Satz 1 AsylbLG, der gleichfalls den Begriff des "Leistungsberechtigten und seiner Familienangehörigen" verwendet und zur Bestimmung des damit umschriebenen Personenkreises auf § 1 Absatz 1 Nr. 6 AsylbLG verweist. Dort sind als "Familienangehörige" Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder aufgeführt.
3. Demgemäß sind Einkommen und Vermögen von im Haushalt lebenden Personen, die nicht darunter fallen, bei der Ermittlung der Leistungsansprüche nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Absatz 3 AsylbLG kommt jedoch die Überleitung von Unterhaltsansprüchen in Betracht.
4. Zur Entstehungsgeschichte des AsylbLG und Gegenansicht
Nachgehend
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheides vom 21. Februar 2007 und des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2007 und unter Abänderung aller entgegenstehenden nicht rechtskräftigen Ablehnungsbescheide bis zum 18. Juni 2008 verpflichtet, der Klägerin Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens der Familie des Sohnes zu bewilligen.
Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen Verfahrenskosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG - ohne unmittelbare Anrechnung des Einkommens des Sohnes und der Schwiegertochter.
Die 76-jährige Klägerin ist Staatsangehörige von Bosnien/Herzegowina kroatischer Volkszugehörigkeit. Die zuständige Ausländerbehörde hat ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthaltG) erteilt. Als eigene Einkünfte hat sie eine (deutsche) Witwenrente in Höhe von monatlich 52,11 EUR sowie eine kroatische Rente in Höhe von monatlich 111,66 EUR. Sie wohnt zusammen mit ihrem Sohn, der Schwiegertochter und der Enkeltochter in einem Haushalt in Aachen. Der Sohn ist bei der Deutschen Post beschäftigt und erzielt als Postzusteller ein monatliches schwankendes Nettoeinkommen von durchschnittlich ca. 1400,- EUR bis 1700,- EUR. Im Dezember 2006 erhielt er außerdem eine Jahressonderzahlung. Die Schwiegertochter der Klägerin übt eine geringfügige Nebentätigkeit aus, bei der sie monatlich schwankende Einkünfte in Höhe von ca. 130,- EUR bis 220,- EUR erzielt. Die Enkeltochter der Klägerin besucht noch die Schule und hat keine eigenen Einkünfte.
Nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen hat die Klägerin in den Jahren 2003 bis 2004 ergänzende Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bezogen. Im Anschluss daran bewilligte der Beklagte mit Unterbrechungen seit Januar 2005 Leistungen nach den § 3 AsylbLG.
Mit Bescheid vom 07. Dezember 2006 stellte der Beklagte die Leistungen ein. Gemäß § 7 AsylbLG seien vor der Bewilligung von Leistungen nach diesem Gesetz Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden könne, aufzubrauchen. Wie sie anhand der beiliegenden Berechnungen entnehme könne, übersteige das Erwerbseinkommen ihres Sohnes und ihrer Schwiegertochter deren Bedarf, den er im Übrigen nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitssuchende - bemesse, in der Zeit vom 01. bis zum 31. Dezember 2006 um 1.085,99 EUR. Mit Bescheid vom 08.01.2007 lehnte der Beklagte die Hilfegewährung für den Monat Januar 2007 ab. Nach Auswertung der Gehaltsabrechnung ihres Sohnes und der Schwiegertochter könne sie mit dem den Bedarf der Familie des Sohnes übersteigenden Einkommen aus dem Monat Dezember 2006 ihren eigenen Bedarf einschließlich der Krankenhilfekosten für den Monat Januar 2007 decken.
Die Klägerin erhob gegen den Bescheid vom 08.01.2007 Widerspruch. Sie legte eine Gehaltsabrechnung ihres Sohnes und der Schwiegertochter vor, wonach diese im Monat Januar 2006 ein Nettoeinkommen von insgesamt ca. 1.675,- EUR erzielten. Die Einkünfte ihres Sohnes und der Schwiegertochter könnten nicht entsprechend den Vorschriften des SGB II angerechnet werden. Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen sei in § 7 AsylbLG i.V.m. § 94 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - abschließend geregelt. Die Familie ihres Sohnes gehöre nicht zu den dort genannten Familienangehörigen. Soweit dennoch ein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren Sohn in Ansatz gebracht werde, könne dieser insbesondere nicht nach dem SGB II sondern nur unter Berücksichtigung der entsprechenden unterhaltsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unterhaltsgewährung gegenüber den Eltern ermittelt werden. Mit Bescheid vom 20.02.2007 half der Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als er den Bescheid vom 08.01.2007 aufhob. ...