Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 409,15 EUR festgesetzt. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Rechnungsabschlags gemäß § 8 Abs. 9 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG). Die Klägerin fordert von der Beklagten die Zahlung von 409,15 EUR.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus gem. § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Sie ist Mitglied der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), die wiederum Mitglied der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ist. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse gem. § 4 SGB V. Sie ist Mitglied des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen. Für mehrere in ihrem Krankenhaus stationär behandelte und nach dem 30.06.2007 entlassene Patienten, die im Behandlungszeitraum bei der Beklagten krankenversichert waren, erstellte die Klägerin in der Zeit vom 01.07. bis 22.11.2007 über die Behandlungskosten 30 Rechnungen. Dabei nahm sie - vorläufig und unter Vorbehalt seiner Rechtmäßigkeit - einen Abschlag von 0,5 % des jeweiligen Rechnungsbetrages vor und wies diesen auf jeder Rechnung aus. Dieser 0,5 %-Abschlag summiert sich aus den 30 Rechnungen auf 409,15 EUR. Die 30 Rechnungen wurden von der Beklagten unbeanstandet bezahlt.
Am 18.12.2007 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 409,15 EUR erhoben. Sie hält die den Rechnungskürzungen zugrunde liegende Vorschrift des § 8 Abs. 9 KHEntgG für verfassungswidrig. Sie stützt sich für ihre Auffassung auf ein im Auftrag der DKG erstelltes Rechtsgutachten (Der "Sanierungsbeitrag" der Krankenhäuser nach dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz als Verfassungsproblem) von Professor Dr. Sodan vom 28.06.2007. Da die Rechnungsabschläge unter Vorbehalt erfolgt seien, habe die Beklagte den Kürzungsbetrag nachzuzahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 409,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.12.2007 zu zahlen, hilfsweise, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung vorzulegen, ob § 8 Abs. 9 KHEntgG formell und materiell verfassungsgemäß ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Regelung des § 8 Abs. 9 KHEntgG für verfassungskonform. Sie verweist darauf, dass diese auf nur 2 Jahre ausgelegt sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, denn es geht um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt der Beklagten gegen die Klägerin nicht ergehen musste und auch nicht ergangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R = BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 = NZS 2001, 316). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.
Die Klägerin ist auch klagebefugt, weil sie einen (Rest-)Anspruch auf Zahlung von Krankenhausbehandlungskosten geltend macht.
Grundlage des geltend gemachten (Rest-)Vergütungsanspruchs für die Behandlung der bei der Beklagten versicherten Patienten ist §§ 109 Abs. 4, 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V i.V.m. dem hierzu ergangenen nordrhein-westfälischen Vertrag über "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung" vom 06.12.1996 in der Fassung der Vertragsänderung vom 19.08.1998 sowie die zwischen den Beteiligten bestehende Pflegesatzvereinbarung. Soweit die Klägerin entsprechend §§ 14, 15 des Krankenhausbehandlungsvertrages ihre Kosten für die jeweiligen Behandlungsfälle abzüglich eines Abschlags von 0,5 % in Rechnung gestellt und die Beklagte diese Rechnungen unbeanstandet bezahlt hat, steht dies dem Klagebegehren auf Auszahlung dieser 0,5 %-Kürzungsbeträge nicht entgegen.
Die streitgegenständlichen Rechnungskürzungen beruhen auf § 8 Abs. 9 KHEntgG, angefügt durch Artikel 19 Nr. 2 des "Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung" - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378), in Kraft ab 01.01.2007 (vgl. Art. 46 Abs. 5 GKV-WSG). Danach ist bei gesetzlich krankenversicherten Patienten, die nach dem 31.12.2006 entlassen werden, ein Abschlag in Höhe von 0,5 % des Rechnungsbetrages vorzunehmen und auf der Rechnung des Krankenhauses auszuweisen; der Abschlag gilt bis zum Inkrafttreten einer neuen gesetzlichen Regelung zur Finanzierung der Krankenhäuser für den Zeitraum nach dem Jahr 2008 (Satz 1). Zur Umsetzung dieser Vorschrift haben die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenversicherung und die DKG eine "Empfehlungsvereinbarung" einschließlich eines Nachtrags (Anlage 1) vom 13.04.2007 geschlossen. Die DKG erklärte ihre Zustimmung zu der "Empfehlungsvereinbarung" unter folgendem ausdrücklichem Vorbehalt: Der in § 8 Abs. 9 KHEntgG geregelte "Sanierungsbeitrag", d...