Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragspflichten für Erträge aus privaten, nicht im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Rentenversicherungsverträgen

 

Orientierungssatz

1. Betriebliche Altersversorgung liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt wird (§ 1 Abs 1 BetrAVG); sie liegt u.a. auch vor, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen (§ 1 Abs 2 Nr 2 BetrAVG) oder wenn der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet; bezugsberechtigt sind der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen.

2. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, nämlich eine oder mehrere einmalige Kapitalleistungen, so gilt 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens für 120 Monate (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

3. Die vom Bundesverfassungsgericht, vom 28. September 2010, 1 BvR 1660/08, aufgestellten Grundsätze sind in vollem Umfang auf Rentenversicherungsverträge, die im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zwischen einem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und einer Pensionskasse als Versicherer zu Gunsten eines Arbeitsnehmers als versicherter Person geschlossen werden oder worden sind, übertragbar. Die Erträge aus privaten, nicht im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Rentenversicherungsverträgen unterliegen bei pflichtversicherten Rentnern daher keiner Beitragspflicht.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2011 wird aufgehoben, soweit dadurch ab 01.07.2011 ein höherer Betrag als 153,70 EUR der Beitragspflicht zugrundegelegt und ein höherer Beitrag als 23,82 EUR zur Krankenversicherung und 3,00 EUR zur Pflegeversicherung, insgesamt 26,82 EUR, festgesetzt worden ist.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang der Kläger auf eine Kapitalleistung aus einem Pensionskassenvertrag Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (KV) und Pflegeversicherung (PV) zu zahlen hat.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit 2002 Pflichtmitglied der Beklagten, bis 16.07.2009 aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, vom 17.07.2009 bis 31.05.2011 wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) und seit 01.06.2011 wegen des Bezugs von Regelaltersrente in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).

Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung des Klägers schloss dessen damalige Arbeitgeberin - die Autohaus T. GmbH & Co. KG - als Versicherungsnehmerin 1991 mit der "Vereinte Lebensversicherung AG" als Versicherer mit Wirkung ab 01.10.1991 einen Lebensversicherungsvertrag Nr. 1518814000-113 (sog. Direktversicherung; im folgenden: Vertrag 1) und 2002 mit der "SIGNAL IDUNA Pensionskasse AG" als Versicherer mit Wirkung ab 01.12.2002 einen Rentenversicherungsvertrag Nr. 1.814.116/4 10 (sog. Pensionskassenvertrag; im folgenden: Vertrag 2), jeweils zugunsten des Klägers als versicherter Person. 2002 trat die "ALLIANZ Lebensversicherungs-AG" als Rechtsnachfolgerin der "Vereinte Lebensversicherung AG" in den Vertrag 1 ein, der nunmehr die Nr. 6/792791/1001 trug. Der Vertrag 1 war zum 01.10.2006, der Vertrag 2 zum 01.06.2011 fällig. Während der Laufzeit des Vertrages 1 trat in der Person des Versicherungsnehmers kein Wechsel ein. Während der Laufzeit des Vertrages 2 fand - im Einvernehmen aller Vertragsbeteiligten - wegen des Ausscheidens des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis ein Versicherungsnehmerwechsel zum 01.03.2008 statt; ab diesem Zeitpunkt war der Kläger alleiniger Versicherungsnehmer des Vertrags 2 und zahlte nunmehr selbst die Versicherungsbeiträge für sich als versicherter (und seiner Ehefrau als mitversicherter) Person; der Vertrag 2 trug nunmehr die Versicherungs-Nr. 12.213.930/4 1.

Mit Schreiben vom 29.08.2006 zeigte die ALLIANZ der Beklagten die Auszahlung einer einmaligen Kapitalleistung aus dem Vertrag 1 zum 01.10.2006 in Höhe von 5.943,60 EUR an. Mit Schreiben vom 04.12.2006 teilte die Beklagte - zugleich im Namen der Pflegekasse - dem Kläger mit, für die Ermittlung der Beitragspflicht sei die Kapitalleistung auf 10 Jahre (120 Monate) zu verteilen; es ergebe sich ein monatlicher Versorgungsbezug von 49,53 EUR; da dieser den monatlichen Betrag von 122,50 EUR nicht überschreite, brauche der Kläger daraus keine Beiträge zur KV und PV zu zahlen.

Mit Schreiben vom 20.05.2011 zeigte die SIGNAL IDUNA der Beklagten die Auszahlung einer einmaligen Kapitalleistung aus dem Vertrag 2 zum 01.06.2011 in Höhe von 20.237,96 EUR an.

Durch Bescheid vom 17.08.2011 stellte ...

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