Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft für einen Ein-Personen-Haushalt
Orientierungssatz
1. Dem Bedarf des Sozialhilfeberechtigten sind hinsichtlich der Kosten der Unterkunft nach § 42 Nr. 4 i. V. m. § 35 SGB 12 nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten zugrunde zu legen, wenn diese den angemessenen Umfang übersteigen.
2. Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für einen Ein-Personen-Haushalt beträgt 50 qm . Bei der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises ist ein einfacher, im unteren Segment liegender Standard zugrunde zu legen.
3. Entscheidet die Behörde über die Angemessenheit der Miete ohne schlüssiges Konzept, so ist sie im Rahmen ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S. 1 SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen; dabei hat sie eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen(Anschluss BSG Urteil vom 17. 12. 2009, B 4 AS 50/09).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der sozialhilferechtlich berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft (KdU) vom 01.01. bis 31.12.2014.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger bewohnt seit 1989 eine ca. 55 qm große Wohnung. Seit 01.01.2012 betragen die Nettokaltmiete 314,41 Euro, die Nebenkosten 67,00 Euro, mithin die Bruttokaltmiete insgesamt 381,41 Euro; sie betrug zuvor 376,41 EUR. Der Kläger bezog bis 31.12.2011 Leistungen der Grundsicherung (GSi) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Das hierfür zuständige Jobcenter hatte ihm bereits durch Schreiben vom 21.01.2005 mitgeteilt, dass die KdU den aus Sicht des Jobcenters angemessenen Umfang übersteigen und deshalb nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nur noch die angemessenen KdU berücksichtigt würden. Dem entsprechend erkannte das Jobcenter bei der Bemessung der SGB II-Leistungen nur noch die von ihm als angemessen erachteten KdU an. Durch Urteil vom 20.09.2012 (S 2 AS 387/11) verurteilte das Sozialgericht Aachen das JobCenter der Städte-Region Aachen, dem Kläger bis Dezember 2011 KdU unter Zugrundlegung einer monatlichen Miete von 358,00 EUR (inklusive Nebenkosten, exklusive Heizung) zu gewähren. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Berechnung der angemessenen Miete beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept; in einem solchen Fall sei gleichwohl nicht die tatsächliche Miete zu berücksichtigen, sondern zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete auf die maßgeblichen Tabellenwerte zu § 12 WoGG zurückzugreifen; in der für die Stadt Aachen einschlägigen Mietenstufe IV ergebe sich für einen Ein-Personen-Haushalt ein Höchstbetrag von 358,00 EUR.
Seit 01.01.2012 erhält der Kläger Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 60,36 EUR (seit Juli 2013).
Auf Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte diesem ab 01.01.2012 Leistungen der GSi im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII). Die Beklagte legte der Bemessung der Sozialhilfe bis 31.12.2013 in Anlehnung an die sozialgerichtliche Entscheidung vom 20.09.2012 zunächst nur einen KdU-Bedarf von 358,00 EUR zugrunde. Am 26.06.2014 erklärte sich die Beklagte im Verfahren S 19 SO 22/13 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit, bis 31.12.2013 einen KdU-Bedarf in Höhe der tatsächlichen Miete von 381,41 EUR anzuerkennen; sie gab diese Erklärung ab, weil bis dahin ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Mieten noch nicht vorlag, sowie auf Hinweis des Gerichts auf die Entscheidung des BSG vom 12.12.2013 (B 4 AS 87/12 R), wonach zur Bestimmung der Angemessenheit der Bruttokaltmiete die Tabellenwerte nach § 12 WoGG um einen "Sicherheitszuschlag" von 10% zu erhöhen sind, woraus sich im Fall des Klägers ein Höchstwert von 393, 80 EUR errechnete.
Für den hier streitbefangenen Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2014 bewilligte die Beklagte GSi-Leistungen zunächst wieder nur unter Zugrundlegung eines KdU-Bedarfes von 358,00 EUR, und zwar durch Bescheide vom 18.12.2013, 23.01.2014, 28.02.2014, 09.04.2014 und 23.06.2014.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.01., 24.01., 27.03. und 09.05.2014 Widerspruch; er meinte, es müssten die tatsächlichen KdU (381,41 EUR) berücksichtigt werden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 26.08.2014 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Sie erkannte als angemessene KdU eine Bruttokaltmiete von monatlich 380,50 Euro an. Zur Begründung führte sie aus, inzwischen liege für ihren Bereich ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft vor. Die dafür erforderlichen Erkenntnisse stammten aus einer Datenerhebung zum Stichtag 01.04.2013. Danach seien Unterkunftskosten für einen Ein-Personen-Haushalt bis zu einem Betrag von maximal 380,50 EUR monatlich angemessen. Dieser KdU-Bedarf sei im Fall des Klägers ab 01.01.2014 zu berücksichtigen. Die Anerkennung eines darüber hinausgehenden Bedarfs in Höhe der tats...