Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Festsetzung des monatlichen Versicherungsbeitrags bei einem freiwillig versicherten Mitglied und Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Zeitpunkt der Neufestsetzung des Beitrags bei Veränderungen des Einkommens

 

Orientierungssatz

Hat eine gesetzliche Krankenkasse bei einem freiwillig versicherten Mitglied, das sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bezieht, die Versicherungsbeiträge aufgrund des letzten vorgelegten Einkommenssteuerbescheides festgesetzt, so kann eine Änderung der Festsetzung aufgrund geänderter Einkünfte erst nach Vorlage eines neuen Einkommenssteuerbescheides für die Zukunft erfolgen. Eine rückwirkende Beitragsänderung kommt dagegen nicht in Betracht (Anschluss BSG, Urteil vom 02.09.2009, Az.: B 12 KR 21/08 R).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Neufestsetzung der von ihm für die Zeit von Januar bis Mai 2008 zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie die Erstattung von 1.551,00 EUR.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit 1976 Mitglied der Beklagten. Von Januar 2005 bis Mai 2008 war er hauptberuflich selbstständig erwerbstätig und bis Oktober 2008 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Da er als Existenzgründer noch keine Einkommensnachweise, insbesondere keine Einkommensteuerbescheide vorlegen konnte, setzte die Beklagte auf der Grundlage der Selbsteinschätzung des Klägers, seine Einnahmen würden über der Beitragsbemessungsgrenze liegen, durch Bescheid vom 15.04.2005 zugleich im Namen der Pflegekasse ab 01.01.2005 Höchstbeiträge zur Krankenversicherung (KV) und Pflegeversicherung (PV) fest; durch Folgebescheide vom 27.12.2005 und 20.12.2006 setzte sie für die Zeit ab 01.01.2006 bzw. 01.01.2007 ebenfalls Höchstbeiträge zur KV und PV fest; die Beitragsfestsetzungen erfolgten jeweils nur vorläufig mit dem Hinweis, sobald ein Einkommensteuerbescheid vorliege, aus dem sich die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit ergäben, werde der endgültig zu zahlende Beitrag mitgeteilt.

Im November 2007 legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid vom 12.06.2007 für das Jahr 2005 vor; dieser wies als Gesamtbetrag der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 71.222,00 EUR und aus Kapitalvermögen 796,00 EUR, insgesamt 72.018,00 EUR aus. Daraufhin hob die Beklagte durch Bescheid vom 30.11.2007 zugleich im Namen der Pflegekasse die vorläufigen Beitragsbescheide vom 15.04.2005, 27.12.2005 und 20.12.2006 auf und setzte die Beiträge endgültig nach der Beitragsbemessungsgrenze (Höchstbeiträge) fest. Sie wies zugleich darauf hin, dass eine Anpassung der Beiträge bei niedrigeren Einnahmen erst zum Ersten des Monats nach Einreichung des Einkommensteuerbescheides, bei höheren Einkommen zum Ersten des nächsten Monats nach Erstellung des Einkommensteuerbescheides erfolgen könne.

Durch Bescheid vom 14.12.2007 setzte die Beklagte zugleich im Namen der Pflegekasse die Beiträge ab 01.01.2008 ebenfalls nach der Beitragsbemessungsgrenze (Höchstbeiträge) fest, und zwar monatlich zur KV 547,20 EUR, zur PV 61,20 EUR, insgesamt 608,40 EUR. Den dagegen am 21.12.2007 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 25.04.2008 als unbegründet zurück.

Am 20.10.2010 beantragte der Kläger eine neue endgültige Festsetzung der Beiträge, für Januar bis Oktober 2008. Er legte hierzu den Einkommensteuerbescheid vom 04.08.2009 für das Jahr 2008 sowie einen Bescheid für 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes vom 06.10.2010 vor. Im Bescheid vom 04.08.2009 waren die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0 EUR, im Bescheid vom 06.10.2010 mit -9.087,85 EUR ausgewiesen. Der Kläger meinte, die Beiträge für 2008 seien bisher nur unter Vorbehalt erhoben worden.

Durch Bescheid vom 29.10.2010, abgeschickt am 13.12.2010, lehnte die Beklagte eine Neufestsetzung der Beiträge für 2008 ab mit dem Hinweis auf die bereits erfolgte endgültige Festsetzung.

Dagegen legte der Kläger am 18.12.2010 Widerspruch ein: Ihm sei aus der gesetzlichen Regelung nicht erkennbar, dass die Erstattung überhöhter Beiträge mit Wirkung für die Vergangenheit ausgeschlossen sei; die Bescheide des Finanzamtes wiesen für 2008 keinen Gewinn aus; deshalb seien die Beiträge für Januar bis Mai 2008 nach der Mindestbemessungsgrundlage neu festzusetzen; der ihm zu erstattende Betrag belaufe sich auf 1.551,00 EUR.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 08.02.2011 unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift des § 240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und die einschlägigen Bestimmungen ihrer Satzung zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, und unter Bezugnahme auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22.03.2006 (B 12 KR 14/05 R) und 02.09.2009 (B 12 KR 21/08 R) zurück.

Dagegen hat der Kläger am 15.02.2011 Klage erhob...

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