Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Abrechnung von Leistungen durch ein Krankenhaus. Überprüfung der Abrechnung durch die Krankenkasse. Voraussetzung der Zahlung einer Aufwandspauschale bei Prüfung ohne Beanstandung

 

Orientierungssatz

1. Eine Prüfung von Krankenhausabrechnungen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) stellt immer eine Auffälligkeitsprüfung dar und nicht nur eine Prüfung der Abrechnung auf sachlich-rechnerischen Richtigkeit.

2. Allerdings liegt eine Prüfung durch den MDK, aus der ein Anspruch auf Gewährung einer Aufwandspauschale in Höhe von derzeit 300 Euro folgt, nur in den Fällen vor, in denen zum Zwecke der Prüfung auch Sozialdaten in Form von zusätzlichen medizinischen Unterlagen bzw. weiteren Angaben auf Anforderung durch den MDK beim Krankenhaus zum konkreten Abrechnungsfall erhoben werden.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der in zehn Krankenhausbehandlungsfällen gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gezahlten Aufwandspauschale á 300,00 EUR (3.000,00 EUR).

Die Beklagte betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelte sie in den Jahren 2009 bis 2012 zehn Versicherte der Klägerin. Die Beklagte übermittelte der Klägerin für jeden der zehn Behandlungsfälle eine Vergütungsrechnung nebst den erforderlichen Daten gemäß § 301 SGB V.  In allen zehn streitbefangenen Fällen beauftragte die Klägerin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung des jeweiligen Behandlungsfalles. Der MDK zeigte der Beklagten den jeweiligen Prüfauftrag mit dem Hinweis an, die Klägerin habe ihn mit einer gutachterlichen Stellungnahme zur Kodierung der Prozeduren, Haupt- und/oder Nebendiagnosen beauftragt.  In allen zehn streitbefangenen Fällen erhob der MDK im Rahmen der erteilten Prüfaufträge bei der Beklagten weitere - über diejenigen nach § 301 SGB V hinausgehende - Daten, indem er diverse medizinische Unterlagen von der Beklagten beizog; dies waren - je nach Prüfbedarf - der Krankenhausentlassungsbericht, der Operationsbericht, die Pflegedokumentationen und/oder die Patientenkurve.  In allen zehn streitbefangenen Fällen führte die Prüfung des MDK nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages und zahlte die Klägerin der Beklagten auf deren im Verlauf des Jahres 2012 in jedem der zehn Fälle gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V in Rechnung gestellten Aufwandspauschale jeweils 300,00 EUR, insgesamt 3.000,00 EUR.

Mit Schreiben vom 30.11.2016 forderte die Klägerin von der Beklagten die gezahlte Aufwandspauschale unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 25.10.2016 (B 1 KR 16/16 R) zurück.

Am 24.12.2016 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 3.000 EUR erhoben. Sie vertritt die Auffassung, sie habe die Aufwandspauschalen rechtsgrundlos gezahlt. Ihr stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung dieser Aufwandspauschalen zu, weil es sich jeweils um eine sachlich-rechnerische Prüfung gehandelt habe. Sie beruft sich auf vier Urteile des BSG vom 25.10 2016 (B 1 KR 16/16 R, B 1 KR 18/16 R, B 1 KR 19/16 R und B 1 KR 22/16 R). Das BSG habe klargestellt, dass Kodierprüfungen sachlich-rechnerische Tatbestände darstellen, die nicht § 275 Absatz 1c SGB V unterfallen, bei sachlich-rechnerischen Prüfungen - mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen - auch dann keine Aufwandspauschalen zu zahlen sind, wenn sich der Rechnungsbetrag nicht mindert, es dabei nicht darauf ankommt, ob die Kasse im Prüfauftrag an den MDK oder der MDK in der Anforderung von Unterlagen beim Krankenhaus Bezug auf § 275 Absatz 1 oder Absatz 1c SGB V genommen hat, es sich bei § 275 Absatz 1c Satz 4 SGB V um eine ab dem 1. Januar 2016 geltende gesetzliche Neuregelung handelt, die keinerlei Rückwirkung entfaltet.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 3.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.12.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klägerin habe die Kostenpauschale in den einzelnen Fällen "mit Rechtsgrund" gezahlt. Im Übrigen sei sie - die Beklagte - um die einzelnen Beträge nicht mehr bereichert; sie habe diese aufgrund der vorbehaltslosen Zahlung der Klägerin seinerzeit vereinnahmt und im Rahmen ihrer allgemeinen betrieblichen Zwecke verbraucht. Die Beklagte erhebt ausdrücklich den Einwand der Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhand...

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