Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 30.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.02.2005 verurteilt, dem Kläger ungemindertes Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 11.12. 2004 bis 23.02.2005 zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Minderung des an ihn erbrachten Arbeitslosengelds (Alg) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Der am 00.00.1977 geborene Kläger arbeitete zunächst bis zum 31.12.2003 aufgrund eines befristeten Vertrages bei der Firma B1+T GmbH in B2, danach bezog er Alg. Vom 24.05.2004 bis zum 19.08.2004 arbeitete er bei zwei weiteren Firmen und bezog anschließend erneut Alg. Sodann arbeitete er bei der Firma C in B3 vom 14.09.2004 befristet bis zum 10.12.2004.

Am 10.12.2004 meldete der Kläger sich arbeitslos und beantragte Alg. Nach Einholung einer Arbeitsbescheinigung gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 30.12.2004 Alg ab dem 11.12.2004 und nahm hierbei eine Minderung i.H.v. insgesamt 1.050.- Euro für die Zeit vom 11.12.2004 bis 23.02.2005 vor, da der Kläger sich um 87 Tage zu spät arbeitsuchend gemeldet habe. Den am 12.01.2005 eingelegten Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 16.02.2005 zurück mit der Begründung zurück, dem Kläger sei am 28.08.2004 anlässlich einer früheren Arbeitslosmeldung ein Merkblatt ausgehändigt worden, aus dem sich seine Meldeobliegenheit einschließlich des Zeitpunkts ergeben habe.

Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.02.2005 zu verurteilen, ihm ungemindertes Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 11.12.2004 bis 23.02.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten wiederholen ihr bisheriges Vorbringen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig i. S. von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte durfte den Alg-Anspruch des Klägers nicht wegen verspäteter Meldung mindern. Nach § 140 Satz 1 SGB III mindert sich der Anspruch auf Alg, das dem Arbeitslosen auf Grund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hat. Nach § 37 b Satz 1 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Gemäß § 37 b Satz 2 SGB III hat die Meldung im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen.

Die Voraussetzungen aus § 140 Satz 1 SGB III sind bereits deswegen nicht erfüllt, weil nach einem unterstelltem Verstoß gegen § 37 b Satz 1 und 2 SGB III kein Anspruch auf Alg entstanden ist. Gemindert wird nach § 140 Satz 1 SGB III nur der Alg-Anspruch, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Da jedoch der Alg-Anspruch als Stammrecht auch über die Neuaufnahme einer Beschäftigung hinaus fortbesteht, führt auch ein Verstoß gegen § 37 b SGB III nicht zur Minderung, wenn das letzte Versicherungspflichtverhältnis nicht zur Entstehung eines eigenen Stammrechts geführt hat (SG Duisburg, Urteil vom 29.06.2004, S 12 AL 369/03, info also 2004, 256 (258); Brand, in: Niesel, SGB III, 3.Aufl., 2005, § 140, Rn. 3; Winkler, in: Gagel, SGB III, § 140, Rn 5; Coseriu/Jakob, in: PK-SGB III, 2. Aufl., 2004, § 140, Rn 15). Wird also nach Beendigung der Beschäftigung lediglich aus einem bereits vorher entstandenen Stammrecht weitergezahlt, so kann § 140 SGB III nicht greifen. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger durch die noch nicht einmal dreimonatige Beschäftigung bei der Firma C nicht die Anwartschaftszeit erfüllt und somit keinen "neuen" Anspruch auf Alg erworben (§§ 123 Satz 1, 124 Abs. 1, Abs. 2 SGB III). Die Weiterbewilligung von Alg aus einem bereits zuvor entstandenen Stammrecht ist jedoch von der Meldeobliegenheit aus § 37 b SGB III unabhängig.

Die Beklagte durfte den Anspruch weiterhin auch deswegen nicht mindern, weil die §§ 37 b Satz 1 und 2, 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zu unbestimmt sind, um zur Minderung des Anspruchs auf Alg zu ermächtigen.

Die §§ 37 b, 140 SGB III sind keine geeignete Ermächtigungsgrundlage zur Minderung von Alg in Zusammenhang mit befristeten Arbeitsverhältnissen. § 37 b Satz 2 SGB III ist in Verbindung mit § 37 b Satz 1 SGB III derart unbestimmt, dass er (wiederum i.V.m. § 140 SGB III) keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für einen Eingriff in den Anspruch auf Alg darstellt (SG Dortmund...

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