Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bei bestehendem Diabetes mellitus Typ II b und Übergewicht. Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge als "antizipiertes Sachverständigengutachten"
Orientierungssatz
1. Bei Diabetes mellitus Typ II b und Übergewicht ist nach den "Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" vom 01.10.2008 eine Vollkost-Ernährung angezeigt. Vollkost ist eine Kost, die 1. den Bedarf an essenziellen Nährstoffen deckt, 2. in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt, 3. Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und auch zur Therapie berücksichtigt, 4. in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1 bis 3 nicht tangiert werden.
2. Die Vollkost-Ernährung für Diabetiker erfordert keinen krankheitsbedingten erhöhten Ernährungsaufwand und dementsprechend keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung.
3. Die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierten Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen können für die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung besteht, herangezogen werden. Sie können in der Fassung der Empfehlungen 2008 als "antizipiertes Sachverständigengutachten" angesehen werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung hat und deshalb seit April 2008 höhere Leistungen der Sozialhilfe beanspruchen kann.
Die am 00.00.1953 geborene Klägerin leidet an Diabetes mellitus Typ II b und ist übergewichtig. Sie bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und ergänzend hierzu von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung (GSi) bei Erwerbsminderung nach dem Viertem Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Sie ist als Schwerbehinderte anerkannt nach einem Grad der Behinderung von 70.
Am 17.04.2008 beantragte die Klägerin höhere GSi-Leistungen wegen Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Sie legte hierzu eine Bescheinigung des Hausarztes Dr. N. vom 11.04.2008 vor, der wegen des Diabetes mellitus Typ II b eine Diabetes-Reduktionskost für erforderlich hielt; er gab das Gewicht der Klägerin mit 106 kg bei einer Größe von 1,70 m an. Das entspricht einem Body-Mass-Index (BMI) von 36,7.
Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 17.04.2008 ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 27.08.2008, zugestellt am 29.09.2008, als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 27.10.2008 Klage erhoben. Sie trägt vor, sie müsse jetzt Medikamente gegen den Zucker einnehmen. Sie hat ein weiteres Attest von Dr. N. vom 13.11.2008 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass sie medikamentös und diätetisch eingestellt ist und wegen ihrer Erkrankung die Diät brauche.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.04.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2008 zu verpflichten, ihr den beantragten Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verbleibt bei seiner in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Er meint, die von der Klägerin benötige Diabetes-Reduktionskost sei keine Spezialkost, die in besonderem Maße kostenaufwändig wäre; hinzu komme, dass die Reduktionskost auch der Minderung des Übergewichts diene; dies rechtfertige keine Mehrbedarfszulage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Obwohl die Klägerin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist und auch nicht vertreten war, konnte die Kammer (einseitig) verhandeln und entscheiden, weil die Klägerin in der ihr zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erhöhte Sozialhilfeleistungen wegen Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung.
Nach § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder eine Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Die Klägerin bedarf keiner Ernährung, deren Kosten über den üblichen Bedarf hinausgehen. Bei dem bei ihr bestehenden Diabetes mellitus Typ II b und ihrem Übergewicht ist n...