Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Leistungserbringung durch einen ambulanten Dienst. kein Rechtsanspruch auf Abschluss einer Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers. Ermessensreduzierung auf Null bei zu erwartender Leistungsfähigkeit und Geeignetheit des Leistungserbringers sowie Qualität der Leistung

 

Orientierungssatz

1. Der Abschluss einer Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit einem Leistungserbringer steht im gebundenen Ermessen des Sozialhilfeträgers. Es besteht weder ein Rechtsanspruch auf Abschluss der Vereinbarung noch volle Vertragsfreiheit.

2. Bei der Entscheidung, ob eine Vereinbarung geschlossen werden soll bzw muss, sind die Leistungsfähigkeit und Geeignetheit des Leistungserbringers sowie die Qualität der Leistung zu prüfen. Sind diese Kriterien zu bejahen, ist das Ermessen des Leistungsträgers nicht zuletzt im Hinblick auf die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufs(ausübungs)freiheit auf Null reduziert.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Abschluss einer (neuen) Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung".

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und verheiratet. Nach dreijähriger Ausbildung zur Krankenschwester ist sie seit April 1992 als solche beschäftigt, seit Januar 1993 in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Aachen, aktuell als Teilzeitkraft. Von Oktober 2004 bis Dezember 2006 übte sie daneben eine angestellte Tätigkeit als Fachkraft für Eingliederungshilfe aus.

Auf Antrag der Klägerin schlossen die Beteiligten erstmals am 20./29.12.2006 mit Wirkung ab 01.01.2007 eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) gemäß § 75 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung". Am selben Tag schlossen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, die bis zum 31.12.2008 befristet war. In diesen Vereinbarungen firmierte die Klägerin unter dem Namen "BeWo Netzwerk B.-E.-T.". Am 31.10/18.11.2007 schlossen die Beteiligten mit Wirkung ab 01.12.2007 eine neue LPV ab; zugleich trafen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, die auf den Zeitraum vom 01.12.2007 bis 31.12.2008 begrenzt war. In den neuen Vereinbarungen firmierte die Klägerin nunmehr unter dem Namen "BeWo Zuhause Sein E.T.". Zuvor hatte die Klägerin dem Beklagten ein Konzept ihres Dienstes für ambulant betreutes Wohnen vom 09.11.2007 vorgelegt. Am 20./29.12.2008 schlossen die Beteiligten mit Wirkung ab 01.01.2009 wiederum eine neue LPV; zugleich trafen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, befristet bis 31.12.2009. Am 11./22.03.2010 schlossen sie eine neue Vergütungsvereinbarung für den Zeitraum "vom 01.04.2010 bis 31.12.20101", längstens bis zum Ablauf der Geltungsdauer der ihr zugrundeliegenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Nach Angaben des Beklagten übersandte dieser der Klägerin am 17.08.2012 eine neue Vergütungsvereinbarung für die Zeit ab 01.07.2012; die Klägerin bestreitet den Zugang dieser Vergütungsvereinbarung.

Am 24.02.2011 fand zwischen den Beteiligten ein erstes Gespräch über die Qualität des BeWo-Dienstes der Klägerin statt. Anlass dafür waren u.a. das nicht fristgerechte Einreichen von Hilfeplänen und eine zeitlich verzögerte Überarbeitung von nicht schlüssigen Hilfeplänen. Mit Schreiben vom 25.02.2011 teilte der Beklagte die aus seiner Sicht bestehenden Mängel mit, setzte der Klägerin Fristen und wies auf die zukünftige Verfahrensweise hin. Mit Schreiben vom 10.05.2011 wies der Beklagte die Klägerin unter Aufzeigung verschiedener Beispiele darauf hin, dass aus seiner Sicht die getroffenen Absprachen bzw. Fristen nicht eingehalten worden seien und dass das Einhalten von Absprachen und Fristen zur Qualität der Leistung des Betreuten Wohnens gehöre. Der Beklagte behielt sich die Geltendmachung seines Kündigungsrechts vor, wenn auch zukünftig Absprachen, Fristen und Formalien nicht eingehalten würden. In einer Hilfeplankonferenz vom 24.05.2011 wurden in Bezug auf einen von der Klägerin betreuten Hilfeempfänger weitere Mängel aufgezeigt. Daraufhin lud der Beklagte die Klägerin zwecks Prüfung der Qualität ihres Dienstes gemäß § 7 der getroffenen LPV zu einem so genannten "Qualitätsgespräch" am 17.06.2011 ein. Im Anschluss an dieses Gespräch fasste der Beklagte am selben Tag gegenüber der Klägerin - aus seiner Sicht - das Ergebnis und die vereinbarte zukünftige Verfahrensweise zusammen; mit weiterem Schreiben vom 21.06.2011 gab er der Klägerin eine Rückmeldung zu den Hilfeplänen von vier Hilfeempfängern, die die Klägerin betreute, machte auf Unstimmigkeiten aufmerksam und gab unter Verweis auf das einschlägige Handbuch einige Anregungen.

Mit Schreiben vom 18.07. und 22.08.2011 beschwerte sich bei dem Beklagten e...

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