Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. internetfähiger Personal-Computer für Gymnasialschüler

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten für die Anschaffung eines internetfähigen Personal-Computers nebst Zubehör zu (auch) schulischen Zwecken sind kein unabweisbarer laufender Bedarf im Sinne des § 21 Abs 6 SGB II.

2. Ein Gymnasialschüler der Klassenstufe 5 und 6 kann im Regelfall auf die Mitbenutzung eines im Haushalt vorhandenen Computers verwiesen werden.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Berufung zum Thüringer Landessozialgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines internetfähigen Personal-Computers nebst Drucker, Zubehör und Serviceleistungen.

Der im Juli 2006 geborene Kläger wohnt gemeinsam mit seiner Mutter, getrennt vom Vater, in einer Wohnung im … in P. Die Mutter des Klägers bezieht fortlaufend Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). U. a. wurden ihr Leistungen für die Zeit von September 2018 bis Februar 2020 in monatlich wechselnder Höhe gewährt (Leistungs- und Änderungsbescheide vom 24. August 2018, 12. Oktober 2018, 24. November 2018, 18. Dezember 2018, 15. März 2018; vorläufiger Bewilligungsbescheid und Änderungsbescheide vom 23. Mai 2019, 1. Juni 2019, 23. November 2019).

Der Kläger selbst erhält keine laufenden Leistungen vom Beklagten. Er deckt seinen individuellen Bedarf durch eigenes Einkommen aus Kindesunterhalt, Wohngeld und Kindergeld. Der Beklagte bewilligte ihm jedoch Leistungen für Bildung und Teilhabe in Form von Leistungen zur Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf zum 1. August 2018 in Höhe von 70 Euro und zum 1. Februar 2019 in Höhe von 30 Euro (Bescheid vom 24. April 2018), zum 1. August 2019 unter Anrechnung eigenen Einkommens in Höhe von 80,40 Euro (Bescheide vom 23. Mai 2019, 1. Juni 2019) und zum 1. Februar 2020 unter Anrechnung eigenen Einkommens in Höhe von 31,40 Euro (Bescheide vom 23. Oktober 2019, 23. November 2019).

Im Sommer 2018 wechselte der Kläger von der Grundschule zum Staatlichen Gymnasium „…“ in P. und besucht dort die 5. Klasse bzw. im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die 6. Klasse.

Mit Schreiben vom 6. September 2018 beantragte die Mutter des Klägers für diesen die Übernahme der Kosten für einen internetfähigen Personal-Computer nebst Zubehör (PC, Bildschirm, Tastatur, Drucker) als Mehrbedarf auf Zuschussbasis. Zur Begründung wurde ausgeführt, der PC werde benötigt, um die schulischen Aufgaben der 5. Klasse bewältigen zu können, u. a. für die Fertigung von Tabellen für die Dezimaleinheiten, die Erledigung von Hausaufgaben und das Nachüben der vermittelten Fähigkeiten im Fach Medienkunde.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2018 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2019). Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung führte der Beklagte aus, die beantragte Sonderleistung sei durch den gewährten Regelbedarf abgedeckt und stelle keinen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar. In Thüringen herrsche Lernmittelfreiheit. Kinder und Jugendliche sozial schwacher Familien könnten sich zur Unterstützung an entsprechende Fördervereine wenden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 4. Februar 2019 erhobene Klage.

Der Kläger trägt unter Verweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Gotha vom 17. August 2018 - Az. S 26 AS 3971/17 vor, er habe Anspruch auf die Gewährung eines einmaligen Mehrbedarfs für die Anschaffung eines Personal-Computers nebst Zubehör in Höhe von 600 Euro. Der Bedarf sei unabweisbar. Er befinde sich in der 5. Klasse einer weiterführenden Schule, also dem Beginn der Mittelstufe. Es sei bekannt, dass Kindern in diesem bzw. schulfähigen Alter ohne einen internetfähigen PC/Laptop die Befolgung organisatorischer Vorgaben der Schule zu großen Teilen gar nicht mehr möglich sei. Dies finge bei der Essenbestellung an, gehe weiter über oftmals täglich aktualisierte Vertretungspläne der Schule und über Referate bzw. Seminararbeiten, deren Abfassung am Computer als selbstverständlich vorausgesetzt und wegen des Einsatzes von Schaubildern, Tabellen etc. gar nicht mehr anders möglich sei. Es müsse daher unbedingt ein Computer aus privaten Mitteln angeschafft werden. Der Verweis auf Fördervereine sei eine unsichere Angelegenheit, zumal auch deren Mittel begrenzt seien. Da er noch keine 16 Jahre alt sei, könne er sich auch nicht durch Ferienjobs Geld verdienen, um die Kosten für die Anschaffung eines PC anzusparen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Dezember 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2019 für die Anschaffung eines internetfähigen PC/Laptops nebst notwendigem Zubehör und Serviceleistungen einen zweckgebundenen, einmaligen, nicht rück...

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