Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsopferversorgung. Beitrittsgebiet. abgesenkte Schwerstbeschädigtenzulage. abgesenkte Ausgleichsrente. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Nach der Überzeugung der Kammer ist § 84a S 1 BVG nicht verfassungswidrig, soweit diese Regelung eine Verminderung der Schwerstbeschädigtenzulage und der Ausgleichsrente auch nach dem 31.12.1998 bewirkt. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Erwägungen, mit denen das BVerfG im Urteil vom 14.3.2000 - 1 BvR 284/96 und 1 BvR 1659/96 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 = BVerfGE 102, 41 die Verfassungswidrigkeit des § 84a BVG hinsichtlich der Absenkung der Beschädigtengrundrente über den 31.12.1998 hinaus begründet hat.
Nachgehend
Tatbestand
Umstritten ist die Höhe der dem Kläger zustehenden Schwerstbeschädigtenzulage und der Ausgleichsrente.
Der Kläger ist kriegsblind und erhält im Rahmen der Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) eine Ausgleichsrente sowie eine Schwerstbeschädigtenzulage. Mit Urteilen vom 14.03.2000 (1 BvR 284/96 und 1 BvR 1659/96) stellte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) fest, es sei mit dem Gleichheitsgebot Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar, dass die den Kriegsopfern nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG gewährte Beschädigtengrundrente in den alten und neuen Länder über den 31.12.1998 hinaus bei gleicher Beschädigung ungleich hoch sei. Die Feststellung der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG durch die angegriffene Regelung des § 84 a BVG sei auf die Grundrente des § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG wegen deren Genugtuungsfunktion beschränkt. Sie könne nicht auf andere Leistungen nach dem BVG und insbesondere auch nicht auf die rein materiell ausgerichtet Kleiderverschleißpauschale (§ 15 BVG) erstreckt werden. Mit Bescheid vom 14.06.2000 erhöhte der Beklagte die Grundrente des Klägers nach den Vorgaben des BVerfG ab 01.01.1999. Den Antrag des Klägers auf Erhöhung der Ausgleichsrente und der Schwerstbeschädigtenzulage lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28.07.2000, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 05.01.2001, ab. Das BVerfG habe unmissverständlich ausgeführt, dass die Erhöhung auf die Grundrente beschränkt sei.
Am 24.01.2001 hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage erhoben. Er trägt zur Begründung vor, dem Urteil des BVerfG sei zu entnehmen, dass der Rechtsgedanke, wonach die Grundrente eine immaterielle Komponente enthalte, auch auf ähnliche Versorgungsleistungen zu übertragen sei. Beide geltend gemachten Leistungen hätten einen immateriellen Charakter. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei nicht davon auszugehen, dass bei diesen Leistungen der materielle Aspekt im Vordergrund stehe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 28.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 14.06.2000 dem Kläger ab 01.01.1999 die ungekürzte Schwerstbeschädigtenzulage und die ungekürzte Ausgleichsrente nach dem in den alten Bundesländern geltenden Niveau zu gewähren sowie die Sprungrevision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, das BVerfG habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Grundrechtsverletzung auf die Grundrente des § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG beschränkt sei. Hätte das Gericht "besondere Formen der Grundrente" erfassen wollen, ergäbe die ausdrückliche Benennung der Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG keinen Sinn. Die Leistungen nach § 31 Abs. 1 Satz 2 und § 31 Abs. 5 BVG könnten zwar als besondere Formen der Grundrente angesehen werden. Bei ihnen stehe jedoch der materielle Aspekt im Vordergrund.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat der Beklagte die Erhöhung der Ausgleichsrente und der Schwerstbeschädigtenzulage des Klägers ab 01.01.1999 abgelehnt.
Nach § 31 Abs. 5 BVG erhalten erwerbsunfähige Beschädigte, die durch die anerkannten Schädigungsfolgen gesundheitlich außergewöhnlich betroffen sind, eine monatliche Schwerstbeschädigtenzulage, die in sechs Stufen gewährt wird. § 32 Abs. 1 BVG bestimmt, dass Schwerbeschädigte eine Ausgleichsrente erhalten, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustandes oder hohen Alters oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grunde eine ihnen zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfang oder nur mit überdurchschnittlichem Kräfteaufwand ausüben können. Gemäß § 84a BVG erhalten Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten, vom Zeitpunkt der Verlegung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts, frühestens vom 01. Januar 1991 an, Versorgung nach dem Bundesversorg...