Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammentreffen von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. abgesenkter Freibetrag für das Beitrittsgebiet. Klarstellung durch das RVNG. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 idF des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1791) begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Art 15 Abs 2 RVNG beinhaltet zunächst keine mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende echte Rückwirkung, da es sich lediglich um eine Klarstellung handelt. Vertrauensschutzgesichtspunkte werden durch das rückwirkende Inkraftsetzen nicht berührt. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass im Wege einer authentischen Interpretation eine Änderung des Gesetzestextes auch insofern eine Rückwirkung entfalten kann, als der Gesetzgeber durch eine eigene nachträgliche Interpretation seiner selbst anordnen kann, wie die schon bisher bestehende gesetzlichen Bestimmungen von Anfang an zu verstehen waren (vgl BSG vom 23.3.1994 - 5 RJ 40/92 = BSGE 74, 112 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 15).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Der ... 1944 geborene Kläger begehrt die Berücksichtigung eines höheren Freibetrages bei der Anrechnung seiner Teilverletztenunfallrente auf seine gesetzliche Rente wegen Berufsunfähigkeit nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung und seine gesetzliche Altersrente für schwer behinderte Menschen.
Der Kläger bezieht eine Teilverletztenunfallrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 vom Hundert (30 %) von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen in D.
Der Kläger bezog von der Beklagten eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung ab dem 01. Mai 1997 und bezieht von der Beklagten eine Altersrente für schwer behinderte Menschen ab dem 01. Oktober 2004. Die Beklagte rechnete die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 93 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) bei den an den Kläger gezahlten gesetzlichen Renten an. Von der Anrechnung wurde jeweils ein Freibetrag in Höhe der Beschädigten-Mindestgrundrente ausgenommen; bei der Ermittlung der Freibeträge minderte die Beklagte die in § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) genannten Zahlbeträge in dem Verhältnis, in dem der aktuelle Rentenwert (Ost) zum aktuellen Rentenwert steht.
Der Kläger beantragte am 26. Februar 2004 die Überprüfung seiner Rentenbescheide mit dem Ziel der Berücksichtigung eines höheren Freibetrages. Die Beklagte lehnte eine Neuberechnung mit Bescheid vom 21. September 2004 ab und wies den dagegen am 11. Oktober 2004 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2004 zurück.
Der Kläger hat am 8. Dezember 2004 Klage erhoben.
Der Kläger vertritt die Auffassung, es sei bei der Berechnung des Freibetrages einheitlich im gesamten Bundesgebiet die sich aus § 31 BVG ergebende Grundrente zu berücksichtigen und § 84a BVG nicht anzuwenden. Gegenüber der zwischenzeitlich erfolgten Änderung des § 93 Abs. 2 Nr. 2a SGB VI werden im Hinblick auf deren Rückwirkung zum 1. Januar 1992 verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.
Der Kläger beantragt sinngemäß;
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2004 zu verurteilen, bei der Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung den Freibetrag wegen des Zusammentreffens der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 93 Abs. 2 Nr. 2a SGB VI ausgehend von der ungekürzten Grundrente nach § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 vom Hundert (40 %) zu bilden und die Rente wegen Berufsunfähigkeit nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung sowie die Altersrente für schwer behinderte Menschen auf dieser Grundlage neu zu berechnen und zur Auszahlung zu bringen.
Die Beklagte beantragt;
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf die gesetzliche Neuregelung, die aus ihrer Sicht nur eine rückwirkende Klarstellung darstellt. Im Übrigen verweist sie zur Begründung auf ihre im Verwaltungsverfahren erlassenen Bescheide.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 25. Mai 2005 (Beklagte) und 02. Juni 2005 (Kläger) einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheide...