Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Arbeitgeberwechsel. Antrag auf Erstreckung der bisherigen Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf die neue Tätigkeit. Wirkung der Befreiungsvoraussetzungen erst ab Eingang des Erstreckungsantrages bei der Rechtsanwaltskammer
Leitsatz (amtlich)
Die Befreiungsvoraussetzungen, ab deren Vorliegen nach § 6 Abs 4 S 1 Alt 1 SGB VI die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wirkt, sind im Falle des Arbeitgeberwechsels eines Syndikusrechtsanwalts erst ab dem Tag des Eingangs des Antrags auf Erstreckung der bisherigen Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf die neue Tätigkeit bei der Rechtsanwaltskammer erfüllt.
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. November 2019 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte den Kläger bereits ab 01.11.2018 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.
Der 1974 geborene Kläger ist Volljurist. Er wurde für seine Tätigkeit als Leiter der Rechtsabteilung Geschäftsbereich Hydraulik der H. Deutschland Holding GmbH mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer C-Stadt vom 10.05.2016 als Syndikusrechtsanwalt zugelassen. In dem Bescheid wurde ausgeführt, dass die Zulassung tätigkeitsbezogen sei und nur für das gegenständliche Arbeitsverhältnis gelte. Wenn nach der Zulassung weitere Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt aufgenommen würden oder innerhalb bereits bestehender Arbeitsverhältnisse eine wesentliche Änderung der Tätigkeit eintrete, sei auf Antrag die Zulassung nach Maßgabe des § 46a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) unter den dort genannten Voraussetzungen auf die weiteren Arbeitsverhältnisse oder auf die geänderte Tätigkeit zu erstrecken (§ 46b Abs. 3 BRAO). Die Zulassung wurde am 27.06.2016 wirksam.
Mit Bescheid vom 07.07.2016 befreite ihn die Beklagte daraufhin nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab 27.06.2016 von der Rentenversicherungspflicht. Es wurde in dem Bescheid darauf hingewiesen, dass die Befreiung auf die Tätigkeit beschränkt sei und nur so lange gelte, wie die Beschäftigung ausgeübt werde.
Nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses bei der H. Deutschland Holding GmbH am 31.10.2018 nahm der Kläger ab 01.11.2018 ein Beschäftigungsverhältnis bei der H. Holding GmbH auf. Er beantragte bei der Rechtsanwaltskammer C-Stadt die Erstreckung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf das Beschäftigungsverhältnis bei der H. Holding GmbH. Der Antrag ging am 30.01.2019 bei der Rechtsanwaltskammer C-Stadt ein.
Am 28.01.2019 (Eingang bei der Beigeladenen) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt bei der H. Holding GmbH. Seitens der Beigeladenen wurde bestätigt, dass der Kläger Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer C-Stadt und des Versorgungswerks sei und einkommensbezogene Pflichtbeiträge zu zahlen seien.
Mit Schreiben vom 07.03.2019 hörte die Rechtsanwaltskammer C-Stadt die Beklagte nach § 46b Abs. 3 BRAO in Verbindung mit § 46a Abs. 2 Satz 1 BRAO zur Erstreckung der Zulassung des Klägers als Syndikusrechtsanwalt auf die Tätigkeit bei der H. Holding GmbH an. Es wurde gebeten, gegen eine Erstreckung der Zulassung sprechende Erwägungen vorzutragen. Mit Schreiben vom 15.03.2019 teilte die Beklagte der Rechtsanwaltskammer C-Stadt mit, dass gegen die Erstreckung der Zulassung keine Bedenken bestehen würden.
Mit Bescheid vom 21.03.2019 erstreckte die Rechtsanwaltskammer C-Stadt die bestehende Zulassung des Klägers als Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46b Abs. 3 BRAO auf sein neues Arbeitsverhältnis als Syndikusrechtsanwalt bei der H. Holding GmbH. Der Bescheid wurde auch der Beklagten zugestellt.
Die Beklagte befreite den Kläger daraufhin mit Bescheid vom 08.08.2019 für seine Tätigkeit bei der H. Holding GmbH nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht. Die Befreiung für die weitere Tätigkeit wirke ab dem Antrag auf Erstreckung der bestehenden Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer.
Hiergegen erhob der Kläger am 09.09.2019 Widerspruch. Er sei bereits ab 01.11.2018 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien. Seit 11.05.2016 sei er ununterbrochen als Syndikusrechtsanwalt zugelassen und ununterbrochenes Pflichtmitglied der Beigeladenen. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 SGB VI wirke die Befreiung vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von 3 Monaten beantragt werde. Die Befreiungsvoraussetzungen hätten ab dem 01.11.2018 vorgelegen. Die Befreiung sei am 28.01.2019 und damit innerhalb von 3 Monaten seit dem Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen beantragt worden. § 46a Abs. 4 Nr. 2 BRAO könne nicht angewendet werden, da es sich hierbei um eine Regelung fü...