Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Prüfung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Verlängerungstatbestand. Bezug einer italienischen Zivilinvalidenrente

 

Orientierungssatz

Der Bezug einer italienischen Zivilinvalidenrente steht einer Zeit des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit iS des § 43 Abs 4 SGB 6 nicht gleich.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.01.2018; Aktenzeichen B 13 R 339/17 B)

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 24. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2015 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der im August 1956 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Italien. In Deutschland hat der Kläger vom 07.02.1972 mit Unterbrechungen bzw. Zeiten der Arbeitslosigkeit bis 31.08.1986 versicherungspflichtig gearbeitet. Anschließend lagen Arbeitslosigkeit vom 01.09.1986 bis 30.11.1986 und eine erneute versicherungspflichtige Beschäftigung vom 02.07.1990 bis 22.07.1990 vor. Versicherungszeiten in Italien sind vom 01.10.1971 bis 31.10.1971 sowie vom 01.09.1986 bis 31.03.1987 im Versicherungskonto des Klägers gespeichert. In Italien bezieht der Kläger ab Juni 2001 eine sog. Zivilinvalidenrente.

In der Vergangenheit hat die Beklagte mit bindendem Bescheid vom 15.11.2002 Rente wegen Erwerbsminderung aus versicherungsrechtlichen Gründen abgelehnt. Nach sozialmedizinischer Feststellung ist sie dabei für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 31.10.2003 von einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgegangen.

Eine weitere Ablehnung einer vom Kläger am 26.03.2009 erneut beantragten Rente wegen Erwerbsminderung erfolgte mit Bescheid vom 19.11.2009 und Widerspruchsbescheid vom 02.07.2010 wiederum wegen fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Nach ärztlicher Feststellung sei der Kläger seit 17.01.2009 auf Zeit bis 31.01.2011 voll erwerbsgemindert. Im maßgeblichen Zeitraum vom 17.01.2004 bis 16.01.2009 seien jedoch statt der erforderlichen 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit keine Kalendermonate in der deutschen oder italienischen Rentenversicherung vorhanden. Ebenso sei aufgrund unbelegter Monate im Zeitraum vom 01.01.1984 bis 16.01.2009 nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, so dass kein Tatbestand der vorzeitigen Wartezeiterfüllung vorliege. Die unter dem Az.: S 12 R 1017/10 zum Sozialgericht Augsburg erhobene Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 19.08.2011 abgewiesen. Im anschließenden Berufungsverfahren unter dem Az.: L 14 R 1062/11 hat das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) die Berufung gegen den Gerichtsbescheid mit Urteil vom 21.06.2012 zurückgewiesen. Zwar liege Erwerbsminderung vor, allerdings fehle es zum Zeitpunkt des Eintritts des festgestellten Leistungsfalls an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Diese hätte der Kläger nur dann erfüllt, wenn die Erwerbsminderung spätestens bis März 1989 eingetreten wäre. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) unter dem Az.: B 13 R 363/12 B mit Beschluss vom 19.12.2012 als unzulässig verworfen.

Auf seinen am 14.11.2014 beim italienischen Versicherungsträger (INPS Caltanissetta) erneut gestellten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung überprüfte die Beklagte anhand des beigefügten Gutachtens vom 28.11.2014 des italienischen Rentenversicherungsträgers auf Vordruck E 213 IT einen früheren Leistungsfall. Nach sozialmedizinischer Feststellung ergab sich hierbei eine teilweise bzw. volle Erwerbsminderung seit 14.03.2002 auf Dauer.

Mit streitigem Bescheid vom 24.06.2015 lehnte die Beklagte eine Rente wegen Erwerbsminderung wiederum ab, da im maßgeblichen Zeitraum vom 14.03.1997 bis 13.03.2002 anstelle der Mindestzahl von 36 Monaten mit Pflichtbeiträgen keine Monate mit Pflichtbeiträgen vorhanden seien. Aufgrund der im Versicherungsverlauf des Klägers enthaltenen Lücken in der Zeit vom 01.01.1984 bis 28.02.2002 sei ebenso nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, so dass auch eine vorzeitige Wartezeiterfüllung ausscheide. Den vom Kläger hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2015 zurück. Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung sei das Vorliegen von teilweiser/voller Erwerbsminderung und die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Da Letztere nicht erfüllt seien, könne eine Rente trotz Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen nicht gewährt werden. Eine durchgehende Erwerbsminderung seit März 1989, dem letzten Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt wären, sei nicht nachgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreibe...

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