Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 14 SGB 7. keine Aufforderung der AA. persönliche Vorstellung. eintägiges unentgeltliches "Kennenlern-Praktikum". Unfallversicherungsschutz gem § 3 Abs 1 Nr 2 SGB 7. Satzung. Teilnehmer einer Betriebsbesichtigung und Aufenthalt von Praktikanten. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliches Interesse. Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses
Orientierungssatz
1. Eine Arbeitsuchende steht während eines eintägigen unentgeltlichen "Kennenlern-Praktikums" ohne konkrete Aufforderung durch die Agentur für Arbeit weder gem § 2 Abs 1 Nr 14 SGB 7 noch gem § 3 Abs 1 Nr 2 SGB 7 iVm der Satzung der Beklagten (Unfallversicherungsschutz während einer Betriebsbesichtigung) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
2. Unter einer Betriebsbesichtigung ist in der Regel eine vom Unternehmen organisierte Führung einer Gruppe von Interessierten zu verstehen (vgl BSG vom 25.8.1994 - 2 RU 32/93).
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Ereignis vom 18.04.2017 als Versicherungsfall anzuerkennen ist.
Nach der Schilderung des Durchgangsarztberichtes vom 18.04.2017 war die im Jahr 1962 geborene Klägerin während eines Vorstellungsgesprächs bei der Firma H. GmbH & Co. KG (nachfolgend Fa. H.) mit dem Fuß an einer Kante hängen geblieben und zu Boden gestürzt. Die Klägerin zog sich dabei eine Trümmerfraktur am Oberarmknochen rechts zu.
Bei einem Telefongespräch am 26.04.2017 teilte die Klägerin einer Sachbearbeiterin der Beklagten mit, dass sie arbeitssuchend sei und sich für die fragliche Stelle bei der Fa. H. selbst beworben habe. Sie habe zwar auch Informationen zu Stellenangeboten von der Agentur für Arbeit bekommen. Dieses Stellenangebot habe sie aber selbst gesucht und sich dort auf eigene Initiative beworben. Das Vorstellungsgespräch sei für den ganzen Tag angesetzt gewesen, wobei sich der Unfall am Nachmittag ereignet habe.
In der von der Fa. H. ausgestellten Unfallanzeige vom 20.04.2017 wurde angegeben, dass es sich um ein unentgeltliches Kennenlernpraktikum gehandelt habe, bei dem die Klägerin bei der Besichtigung des Logistikzentrums des Unternehmens in B. gestolpert und auf den Ellenbogen gefallen sei.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 27.04.2017die Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass zur Fa. H. als Mitgliedsbetrieb der Beklagten ein Beschäftigungsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht bestanden habe. Für die Klägerin bestehe auch kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII, da keine ausdrückliche Aufforderung der Agentur für Arbeit vorgelegen habe. Private Bemühungen zur Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses ohne die explizite Veranlassung der Agentur für Arbeit würden im eigenwirtschaftlichen Bereich liegen und seien nicht versichert. Dies sei selbst dann der Fall, wenn es zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kommen sollte.
Die Klägerin legte hiergegen mit Schreiben vom 14.05.2017 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sich der Unfall nicht während eines Vorstellungsgesprächs sondern während eines Praktikums bei der Fa. H. eignet habe. Die Klägerin verwies auf § 52 Abs. 1 lit. b) und lit. f) der Satzung der Beklagten, wonach nicht im Unternehmen beschäftigte Personen versichert seien, wenn sie dieses unter anderem wegen eines Praktikums oder der Teilnahme an einer Besichtigung aufsuchen würden. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin erfüllt. Gleichzeitig legte die Klägerin eine auf den 18.04.2017 datierte Vereinbarung zwischen ihr und der Fa. H. vor, die mit "Kennenlern-"/Praktikums-Vereinbarung überschrieben war. Darin wurde unter anderem geregelt, dass die Klägerin am 18.04.2017 die Möglichkeit erhalte, den zu besetzenden Arbeitsplatz in der IT bei der Fa. H. kennenzulernen. Hierbei werde sie unter Anleitung von Herrn O. und den Kollegen einzelne Verrichtungen übernehmen. Die Vertragsparteien seien sich darüber im Klaren dass eine Arbeitspflicht nicht bestehe und die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung habe.
Die Beklagte lehnte den Widerspruch mit Bescheid vom 05.07.2017 ab. Versicherungsschutz bestehe auch nicht auf Grundlage des § 52 Ab. 1 lit. b) und lit. f) der Satzung der Beklagten. Für die Beurteilung des Versicherungsschutzes sei in erster Linie entscheidend, aus welcher Veranlassung eine getroffene Maßnahme in Anspruch genommen wurde. Es handle sich bei dem vorliegenden Kennenlern-Praktikum nicht um ein klassisches Praktikum. Die Klägerin habe an diesem Tag die Möglichkeit erhalten, den zu besetzenden Arbeitsplatz der IT-Administration kennenzulernen. Dabei habe das Eigeninteresse als Stellenbewerberin im...