Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung. Versicherungspflicht. Beschäftigungsverhältnis neben dem Studium
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Versicherungspflichtigkeit im Rahmen der Arbeitslosenversicherung bei einem Beschäftigungsverhältnis neben einem Studium.
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Mai 2015 dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld ab 1. April 2015 zu gewähren.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld.
Die am ...1989 geborene Klägerin war als Verkäuferin bzw. Tankstellenmitarbeiterin vom 01.08.2013 bis 15.12.2013 bzw. 01.01.2014 bis 31.12.2014 bei der Fa. A.-S.-Tankstation bzw. Fa. J. Tankstelle angestellt. Die regelmäßige Arbeitszeit betrug nach den Arbeitsbescheinigungen 20 Wochenstunden.
Am 05.03.2015 meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 01.04.2015 bei der Beklagten arbeitslos. Mit Bescheid vom 04.05.2015 lehnte es diese sodann ab, ihr Arbeitslosengeld zu bewilligen. Die Klägerin sei in den letzten zwei Jahren vor dem 01.04.2015 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen und habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, dass sie die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Sie habe insgesamt 14 Monate lang eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Es seien hierfür Beiträge geleistet worden.
Gleichwohl wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.05.2015 zurück. Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit habe, wer unter anderem die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die Anwartschaftszeit erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Dabei entspräche ein Monat 30 Kalendertagen, folglich entsprächen zwölf Monate 360 Kalendertagen. Die Rahmenfrist betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tage vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist umfasse daher die Zeit vom 01.04.2013 bis 31.03.2015. Innerhalb der Rahmenfrist seien nur 61 Kalendertage zu berücksichtigen, in denen die Klägerin versicherungspflichtig gewesen sei. Dabei handele es sich um die Zeit vom 01.08.2013 bis 30.09.2013. Ausweislich der vorliegenden Studienbescheinigung vom 07.04.2015 sei die Klägerin in der Zeit vom 16.09.2013 bis 31.03.2015 als Studentin an der Universität A-Stadt immatrikuliert gewesen. Abweichend vom Immatrikulationsbeginn könne die Zeit bis zum 30.09.2013 anerkannt werden. Die Klägerin habe zwar auch während ihres Studiums im Rahmen ihrer weiterhin ausgeübten Beschäftigung tatsächlich Beiträge zur Arbeitsförderung entrichtet. Es komme aber nicht darauf an, ob Beiträge entrichtet (oder zu Unrecht nicht entrichtet) worden seien, sondern darauf, ob die Beschäftigung versicherungspflichtig gewesen sei. Die Beschäftigung während des Studiums sei jedoch im Sinne des hier maßgeblichen Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) versicherungsfrei gewesen. Der Klägerin stehe es im Übrigen frei, bei der Krankenkasse die Beitragserstattung zu beantragen. Die Klägerin habe daher die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, weil sie nicht mindestens zwölf Monate (= 360 Kalendertage) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Sie habe deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 29.05.2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) läge die Versicherungsfreiheit im Sinne des Werkstudentenprivilegs nur vor, wenn und solange das Studium, d.h. nach Zweck und Dauer untergeordnet, ausgeübt werde. Eine Erwerbstätigkeit sei jedenfalls dann nicht mehr privilegiert, wenn sie 20 Wochenstunden überschreite, da die Beschäftigung dann den Studenten in der Regel so stark beanspruche, dass die Beschäftigung als Arbeitnehmer sein Erscheinungsbild präge. Es bestehe eine Vermutung der Nichtverfügbarkeit bei Studierenden. Es gebe somit auch die Möglichkeit, dass das Studentenprivileg widerlegt werden könne. Die Vermutung der Versicherungsfreiheit sei dann als widerlegt anzusehen, wenn der Arbeitslose darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung, bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Versicherungsfreiheit bestehe nur, wenn die Tätigkeit nach Zweck und Dauer zum ausgeübten Studium eine Nebenbeschäftigung darstelle. Letzteres sei aber nicht der Fall, da die Beschäftigung für die Klägerin durchaus prägende Bedeutung gehabt habe und gleichgewichtet oder stärker gewichtet zum Studium ausgeübt worden sei. Die Klägerin habe durchgehend während des Studiums 20 Wochenstunden gearbeitet. Art. 3 Grundgesetz (GG) f...