Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch des erstangegangenen Rehabilitationsträgers gegenüber dem endgültig zuständigen Reha-Träger
Orientierungssatz
1. Wird nach Bewilligung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme durch einen Rehabilitationsträger festgestellt, dass ein anderer Reha-Träger für die Leistung zuständig ist, so erstattet dieser dem Reha-Träger, der die Leistung erbracht hat, nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB 9 dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften.
2. Der endgültig zuständige Reha-Träger ist verpflichtet, die Kosten der Rehabilitation zu tragen, und zwar nach denjenigen Vorschriften, die für den erstangegangenen Reha-Träger gelten.
3. Sinngemäß ist ein Reha-Antrag so auszulegen, dass er auf alle notwendigen Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation im Anschluss an die stationäre Krankenhausbehandlung gerichtet ist. Hierzu zählt u. a. die Durchführung einer Intensivierten Rehabilitationsnachsorge - IRENA -.
4. Obwohl es sich bei der IRENA-Maßnahme um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation handelt. die speziell nur durch den Rentenversicherungsträger erbracht wird, ist der endgültig zuständige Leistungsträger der Krankenversicherung zur Erstattung gegenüber dem erstangegangenen Rentenversicherungsträger verpflichtet, weil sich die Erstattung nach dem Leistungsumfang des erstangegangenen Leistungsträgers richtet.
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.425,34 EUR zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 3.425,34 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitgegenstand ist Kostenerstattung für eine Rehabilitationsmaßnahme des Versicherten A. (R.), deren Kosten die Klägerin getragen hat.
Der am 1966 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte R. ließ bei Coxarthrose links am 21.09.2005 eine Operation zur Implantation einer Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP) durchführen. Er beantragte am 11.10.2005 bei der Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund eine Anschlussheilbehandlung (AHB). Er gab an, als freier Handelsvertreter tätig zu sein. Wegen Unzuständigkeit leitete die DRV Bund den Antrag am 13.10.2005 an die Klägerin weiter, wo der Antrag am 18.10.2005 einging. Die Klägerin bewilligte mit Bescheid vom 19.10.2005 eine stationäre AHB-Maßnahme. Der Bescheid enthält den Zusatz, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Leistung zur Teilhabe nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht erfüllt seien und die Leistung übernommen werde in der Eigenschaft als Reha-Trägerin, an die der Antrag weitergeleitet wurde. Die AHB-Maßnahme wurde vom 05.10.2005 bis 02.11.2005 im Rehabilitationskrankenhaus (RKU) U… durchgeführt. Die behandelnden Ärzte im RKU U… empfahlen am 31.10.2005 die Durchführung einer Intensivierten Rehabilitationsnachsorge (IRENA). Auch diese Kosten übernahm die Klägerin. Die IRENA-Maßnahme wurde vom 03.11.2005 bis 22.12.2005 durchgeführt. Der Versicherte bezog Krankengeld bis 22.12.2005.
Die Klägerin meldete am 19.12.2005 einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten an. Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, dass zwischen zwei Rentenversicherungsträgern keine Weiterleitung im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) stattfinden könne. Die Klägerin bezifferte mit Schreiben vom 29.06.2006 ihre Kosten für die AHB-Maßnahme einschließlich der IRENA-Maßnahme mit 3.425,34 EUR. Die Beklagte teilte am 06.07.2006 mit, dass ein Erstattungsanspruch nicht anerkannt werde. Es bestehe jedoch Bereitschaft, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren bei Sozialgerichten.
Die Klägerin hat am 14.09.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung hat sie sich darauf berufen, dass ihre Zuständigkeit nicht gegeben gewesen sei. Der Versicherte habe die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Reha-Maßnahme auf Kosten der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllt. Die Leistung sei als zweitangegangene Trägerin erbracht worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne zweitangegangener Träger auch sein, wer demselben Reha-Bereich angehöre wie der zunächst angegangene Träger. Die Notwendigkeit einer Reha-Maßnahme stehe nicht im Streit. Die Beklagte vertritt dagegen die Auffassung, dass die Klägerin erstangegangene Trägerin gewesen sei und zudem die IRENA-Maßnahme ausschließlich eine Leistung der Rentenversicherung darstelle, für die eine Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht gegeben sei. Auf Nachfrage des Gerichts, ob weitere Einwendungen nicht erhoben werden, hat die Beklagte sich darauf berufen, dass im Zeitpunkt der Antragstellung zur Rehabilitation eine verminderte Erwerbsfähigkeit bestanden habe mit einer Leistungsfähigkeit von unter drei Stunden für die Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es sei davon auszugehen, dass die geminderte Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilita...