Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage. Umdeutung einer Untätigkeitsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage bei Erledigung durch Erlass der begehrten Verwaltungsentscheidung

 

Orientierungssatz

Legt ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen eine Leistungsversagung Untätigkeitsklage ein, obgleich ein Widerspruchsbescheid zwischenzeitlich erlassen wurde, so ist die Klage als unzulässig zurückzuweisen. Eine Umdeutung in eine Fortsetzungsfeststellungsklage kommt dabei jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn durch den Betroffenen auch Klage gegen den Widerspruchsbescheid selbst erhoben wurde.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren im Wege der Untätigkeitsklage eine Entscheidung über ihren Widerspruch gegen die Ablehnung der Überprüfung wegen der endgültigen Leistungsbewilligung und Rückforderungen für den Zeitraum März bis August 2014.

Der 1983 geborene Kläger zu 1 und seine 1981 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2, erhalten seit Jahren (ergänzend) laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom beklagten Jobcenter. Mit Bescheiden vom 15. Januar und vom 14. Juli 2014 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufige Leistungen für den Zeitraum März bis August 2014. Nach Bekanntwerden eines Beschäftigungsverhältnisses des Klägers zu 1 von März bis Juni 2014 und Anforderung verschiedener Unterlagen entschied der Beklagte mit zwei Bescheiden vom 18. und 19. Dezember 2014 über die endgültige Leistungsbewilligung für den eben genannten Zeitraum und bewilligte den Klägern lediglich für März 2014 Leistungen. Mit weiteren Bescheiden vom 19. Dezember 2014 forderte er außerdem demnach überzahlte Leistungen zurück, vom Kläger zu 1 1.590,36 EUR und von der Klägerin zu 2 1.286,50 EUR.

Mit Anträgen vom 6. und 9. Februar 2015 wurde u.a. die Überprüfung der Leistungsbewilligung und der daraus resultierenden Rückforderungen für den Zeitraum März bis August 2014 von den Klägern beantragt.

Auf das Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2016, L 7 AS 83/16, hin, in dem entschieden wurde, dass für den o.g. Zeitraum noch nicht über die Überprüfungsanträge entschieden worden sei, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Februar 2017 eine Überprüfung ab, da keine Fehlerhaftigkeit ersichtlich sei.

Dagegen legten die Kläger Widerspruch ein.

Am 2. Mai 2017 haben die Kläger sodann Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Das Landessozialgericht habe den Beklagten verpflichtet, dem Überprüfungsantrag nachzukommen und die Anrechnungsfälle zu korrigieren. Daraufhin habe das Jobcenter sämtliche Überprüfungsanträge pauschal abgelehnt. Der Widerspruch sei nicht bearbeitet worden.

Der Widerspruch ist nunmehr mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2017 zurückgewiesen worden. Dagegen haben die Kläger am 28. Juni 2017 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben (Verfahren S 8 AS 684/17).

Die Kläger beantragen (sinngemäß):

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch der Kläger gegen seinen Bescheid vom 16. Februar 2017 zu entscheiden.

Für den Beklagten wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet trotz Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung. Es ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, § 110 Abs. 1, § 126 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), und die Sache war entscheidungsreif. Eine Terminsänderung ist nicht beantragt und schon keine Verhinderung geltend gemacht worden. Dass die Klägerseite mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden war, hinderte das Gericht nicht an der Durchführung einer solchen, weil es § 124 Abs. 3 SGG in das Ermessen des Gerichts stellt.

Gegenstand des Verfahrens ist nach wie vor das klägerische Begehren nach Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16. Februar 2017, mit dem die Überprüfung der Bescheide vom 18. und 19. Dezember 2014 betreffend die Leistungsgewährung für den Zeitraum März bis August 2014 abgelehnt worden ist. Obschon über diesen Widerspruch mittlerweile entschieden worden ist, haben die Kläger die vorliegende Klage nicht für erledigt erklärt, sondern vielmehr in der Sache das Verfahren S 8 AS 684/17 (und S 8 AS 696/17) angestrengt. Daraus leitet das Gericht ab, dass den Klägern durchaus bewusst war, dass sie sich in der Sache gegen die Entscheidung wenden können. Warum sie dennoch an der Untätigkeitsklage festhalten und diese nicht umstellen oder für erledigt erklären, bleibt unklar. Das Gericht sieht sich deswegen aber gehindert, eine Umdeutung in eine Fortsetzungsfeststellungsklage vorzunehmen. Denn die prozesserfahrenen Kläger haben nach Ansicht des Gerichts eben bewusst eine Umstellung nicht erklärt.

Die so verstandene Klage ist schon nicht zulässig, weil das Rechtsschutzbedürfnis fehlt...

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