Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Betriebsweg. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. betriebliche Motivation. Arbeitsplatz im häuslichen Bereich. Aufsuchen des Büros im Keller unmittelbar nach Messetermin. Sturz auf Kellertreppe: wesentlich betriebsdienliche Nutzung. Einfamilienhaus
Leitsatz (amtlich)
Versicherter Sturz auf Betriebsweg in beruflich mitgenutzten Einfamilienhaus.
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Klägerin am 18. Januar 2013 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die 1959 geborene Klägerin arbeitet im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses in dem von ihr und ihrer Familie bewohnten Einfamilienhaus. Dazu hat die Klägerin im Keller des Hauses einen Büroraum eingerichtet. Des Weiteren befinden sich im Keller ein beruflich genutzter Lagerraum, eine private Waschküche und ein weiterer privater Lagerraum. Zu den beruflichen Aufgaben der Klägerin zählen außerdem Verkaufstermine im Außendienst und die Vertretung des Arbeitgebers auf Messen.
Am 18. Januar 2013 kurz nach 16 Uhr wollte die Klägerin von einer Messe kommend in ihr Büro gehen, um Geschäftsunterlagen dorthin zu bringen und ein berufliches Telefonat zu führen. Beim Hinabgehen auf den untersten drei Stufen der Kellertreppe ihres Hauses rutschte sie ab und fiel mit dem Rücken auf die Treppenkante. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Deckenplattenimpressionsfraktur des Lendenwirbelkörpers zwei ohne Hinterkantenbeteiligung und attestierte Arbeitsunfähigkeit.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28. Januar 2013 die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Befinden sich Wohn- und Arbeitsräume im gleichen Gebäude, sei Versicherungsschutz nur in den Räumen gegeben, die wesentlich betrieblichen Zwecken dienen, nicht aber auf Wegen innerhalb des häuslichen Bereichs, die eigenwirtschaftlichen Zwecken dienen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013 zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 3. Juni 2013 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Das häusliche Büro der Klägerin sei ihr beruflicher Mittelpunkt. Vom Hauseingang führe eine Treppe in den Wohnbereich hoch, eine andere in einen abschließbaren Büroraum. Diese Treppe befinde sich somit im Arbeitsbereich. Die untersten drei Stufen würden als Ablage für Büromaterialien genutzt. Der Bürobereich erstrecke sich über den Treppenraum, den davor liegenden Flur und das abschließbare Büro.
Für die Klägerin wird beantragt:
Der Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Klägerin am 18. Januar 2013 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Für die Beklagte wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Feststellung, dass sie am 18. Januar 2013 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 ist aufzuheben, weil er rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.
Nach § 8 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 4. September 2007, B 2 U 28/06 R).
Der innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend zu er...