Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. einstweilige Anordnung gegen Versagungsbescheid. zweistufige Prüfung

 

Leitsatz (amtlich)

Werden vorläufige Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung gegen einen Versagungsbescheid begehrt, ist eine zweistufige Prüfung im Eilverfahren vorzunehmen: zuerst aufschiebende Wirkung gegen den Versagungsbescheid und dann einstweilige Anordnung.

 

Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Außergerichtlichen Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab April 2017 bis September 2017 streitig.

Die 1957 geborene Antragstellerin beantragte am 7. März 2014 bei der Deutschen Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente. Diese wurde mit Bescheid vom 10. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2015 abgelehnt. Die Klage hiergegen wurde rechtskräftig abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 15. August 2016, S 7 R 642/15).

Am 30. März 2016 beantragte die Antragstellerin erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II beim Antragsgegner. Sie hat eine 50 m2 große Wohnung für 250 € Grundmiete zuzüglich 120 € Nebenkosten von Herrn W S angemietet. Aus den eingereichten Kontoauszügen vom 23. Juli 2015 bis 14. März 2016 ergeben sich regelmäßige Bareinzahlungen auf das Konto der Antragstellerin bei der Postbank und regelmäßige Überweisungen vom Vermieter W S (monatlich am 5.: 200,00 € bzw. 250,00 €), von Herrn W H und Frau M H.

Mit Bescheiden vom 28. April 2016 wurden Leistungen für März 2016 abgelehnt und vorläufig von April 2016 bis September 2016 in Höhe von monatlich 554,00 € (404,00 € Regelbedarf, 370,00 € Unterkunfts- und Heizkosten, Anrechnung von 250,00 € Einkommen abzüglich 30,00 € Versicherungspauschale) bewilligt. Aufgrund von diversen Gutschriften von verschiedenen Personen in der Vergangenheit werde ein vorläufiges Einkommen von 250,00 € zugrunde gelegt. Gegen den ablehnenden Bescheid vom 28. April 2016 reichte die Antragstellerin am 6. Mai 2016 Widerspruch ein.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 12. August 2016 hin wurden mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. September 2016 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 554,00 € von Oktober 2016 bis März 2017 bewilligt. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2016 wurden die Leistungen der Antragstellerin vom 1. Januar 2017 bis 31. März 2017 um monatlich 40,90 € gemindert, da die Antragstellerin trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 15. November 2016 ohne wichtigen Grund nicht erschienen ist. Die Leistungen wurden jedoch weiterhin ungekürzt ausgezahlt.

Ein neuer Weiterbewilligungsantrag der Antragstellerin ging am 7. März 2017 beim Antragsgegner ein. Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 14. März 2017 zur vollständigen und lückenlosen Vorlage von Kontoauszügen ab dem 1. April 2016 bis zum 20. März 2017 aufgefordert. Die Antragstellerin wurde darauf hingewiesen, dass wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben hat, die für die Leistung erheblich sind und Änderungen in den Verhältnissen unverzüglich mitzuteilen sind (§ 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I). Reagiere die Antragstellerin nicht oder reiche die erforderlichen Unterlagen nicht ein, könnten Geldleistungen ganz versagt werden, bis die Antragstellerin die Mitwirkung nachgeholt hat (§§ 60, 66, 6 SGB I). Dies bedeute, dass die Antragstellerin keine Leistungen erhält.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 17. März 2017 wurde der Widerspruch vom 6. Mai 2016 gegen den Bescheid vom 28. April 2016 als unbegründet zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 5. April 2017 an die Vorlage von vollständigen und lückenlosen Kontoauszügen ab 1. April 2016 erinnert und als neue Frist den 20. April 2017 genannt.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2017 wurden die Leistungen an die Antragstellerin vom 1. April 2017 bis 30. September 2017 ganz versagt. Die Antragstellerin sei am 14. März 2017 und am 5. April 2017 aufgefordert worden, fehlende Unterlagen einzureichen. Trotz dieser Aufforderung wurden vollständige und lückenlose Kontoauszüge ab dem 1. April 2016 (mit Verwendungszweck für Ein- und Auszahlungen) nicht eingereicht. Leistungen würden ganz versagt, da die Antragstellerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei (§§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 SGB I). Es würden keine Gründe vorliegen, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten der Antragstellerin berücksichtigt werden könnten. Die Kontoauszüge seien für die Bearbeitung für die Zukunft und für die Vergangenheit notwendig. Nach Abwägung des Sinn und des Zwecks der Mitwirkungsvorschriften mit dem Interesse der Antragstellerin an den Leistungen sowie dem öffentlichen Interesse an Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, würden die Leistung...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge