Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht des Antragstellers zu Leistungen der Grundsicherung zur Verwertung eines unangemessen großen Hausgrundstücks
Orientierungssatz
1. Hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 S. 1 SGB 2 ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Als Vermögen ist nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB 4 ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht zu berücksichtigen. Bei einem von dem Hilfebedürftigen allein bewohnten Haus beträgt die angemessene Wohnflächengrenze 90 qm.
2. Im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 20 Abs. 3 GG ist bei einer Überschreitung der angemessenen Wohnfläche um nicht mehr als 10 % noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen. Hat das Haus keine angemessene Größe i. S. von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB 2, so ist es als Vermögen zu berücksichtigen.
3. Ist die Verwertung des Grundstücks nicht offensichtlich unwirtschaftlich und stellt dessen Verwertung auch keine besondere Härte i. S. von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB 2 dar, so ist der Antragsteller zu Leistungen des SGB 2 zur Verwertung des Hausgrundstücks verpflichtet. Dies schließt dessen Hilfebedürftigkeit aus.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt 22,97 Euro für die Anschaffung einer neuen Duschbrause, einer neuen Badewannenbrause und einer Kartusche Silikondichtungsmasse als Kosten er Unterkunft.
Der 1958 geborene Kläger erhält seit dem 26.03.2009 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der Kläger bewohnt ein 1954 errichtetes Haus mit 1.348 qm Grund, das ihm von seinen Eltern vererbt wurde. Das Haus besteht aus einem Kellergeschoß, einem Erdgeschoß, einem Dachgeschoß und einem Spitzboden. Im Kellergeschoß sind ausschließlich Zubehörräume in Form von Technik-, Lager- und Wirtschaftsräumen. Das Erdgeschoß besteht aus einem unbeheizten Windfang, einem Flur, einem WC, einem Wohnzimmer, einer Küche, einem Winterwohnzimmer und einem unbeheizten Wintergarten. Das Dachgeschoß besteht aus Diele, Bad, Küche, Schlaf- und Arbeitszimmer. Der Spitzboden ist von der Diele über eine Einschubtreppe zugängig und reiner Lagerraum.
Der Kläger beantragte am 18.02.2016 die Übernahme der Kosten für eine Duschbrause mit Schlauch, eine Badewannenbrause mit Schlauch und eine Kartusche Silikondichtung für das Wohnzimmerfenster.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 01.03.2016 und den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Bescheid vom 16.06.2016 ab.
Der Kläger hat am 11.07.2016 Klage erhoben. Der Kläger ist der Ansicht, dass in einer Mietwohnung die Kosten für Dusch- und Badewannenbrausen vom Vermieter übernommen würden. Er müsste als Eigenheimbesitzer einem Mieter gleichgestellt werden.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2016 zu verurteilen, die Kosten für eine Duschbrause mit Schlauch, Badewannenbrause mit Schlauch und einer Kartusche Bausilikondichtung für insgesamt 22,97 € zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass in dem Regelbedarf auch eine Position für Instandhaltung der Wohnung enthalten sein. Die Kosten müssten somit aus dem Regelbedarf bestritten werden.
Der Rechtsstreit wurde mit den Beteiligten am 30.05.2017 erörtert. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Die Kammer erhob durch Anordnung vom 28.06.2017 Beweis über die Fragen, aus wie vielen Räumen das Anwesen des Klägers besteht und welche Wohnfläche die Räume und das Anwesen insgesamt nach der Wohnflächenverordnung haben, durch Beauftragung eines Sachverständigen.
Der Sachverständige kam in dem Gutachten vom 15.08.2017 zu dem Ergebnis, dass die Wohnfläche des Anwesens des Klägers 122,74 qm betrage. Auf das Gutachten wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 28.08.2017 bemängelt der Kläger, dass
- die Zimmerwohnflächen falsch addiert seien,
- bei der Berechnung der Wohnfläche der Küche eine Klammer falsch gesetzt sei und die Wohnfläche somit 9,15 qm statt 12,31 qm betrage,
- die Küche im OG nur noch als Bastel- u. Hobbyraum genutzt werde,
- das Arbeitszimmer nicht als Wohnfläche gerechnet werden dürfe,
- der Windfang als Lagerraum genutzt und somit nicht angerechnet werden dürfe,
- der Wintergarten als Möbellager und Wäschetrockenraum genutzt und nicht angerechnet werden dürfe,
- der Flur mit der Treppe verbunden sei und nicht beheizt werden könne und somit nicht zur Wohnfläche zähle,
- die Wohnfläche folglich nur 75,16 qm betrage.
Mit Schreiben vom 21.11.2017 teilte der Gutachter mit, dass eine Rundung in Excel auf 2 Stellen erst bei der Summe vorgenommen wurde. Sofern in jeder einzelnen Berechnung gerundet würde, ergäbe sich eine Wohnfläche von 122,73 qm anstatt 122,74 qm. Die Wohnfläche der Küche sei korrekt berechnet und die Klammer korrekt gesetzt, da die 2 m Linie bei 2,22 liege und die Grundfläche bis dorthin (zwischen ...