Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Verwaltungsakt. Inhalt des Verfügungssatzes. Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit. Bewilligungsbescheid mit einem Zahlungsbetrag Null. keine Ersetzung des fehlenden Feststellungsverwaltungsaktes. Bindungswirkung des Verwaltungsaktes. Begründung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 SGB III, deren zeitliche Lage, das daraus eventuell folgende Ruhen eines in diesem Zeitraum bestehenden Arbeitslosengeldanspruchs sowie die genaue Anzahl der Tage, um die die Gesamtanspruchsdauer des Arbeitslosengeldes gemindert wird, sind im Verfügungssatz eines deklaratorischen Feststellungsbescheides unmissverständlich und kumulativ zu benennen. Im Verfügungssatz eines Bewilligungsbescheides für einen bestimmten Zeitraum den täglichen Leistungsbetrag mit 0,00 € zu beziffern, steht dem nicht gleich; ein bloßer Bewilligungsbescheid ist nur Ausführungsbescheid einer Sperrzeit-Entscheidung und ersetzt einen Feststellungsbescheid nicht.

2. Wird kraft Gesetzes oder durch Verwaltungsentscheidung in die Rechtsstellung eines Bürgers eingegriffen, ist dies im Verfügungssatz eines Verwaltungsakts auszusprechen und in der Begründung dieses Verwaltungsakts zu erläutern (§ 31 SGB X).

 

Tenor

I. Der Bewilligungsbescheid vom 03.08.2017, soweit er den Zeitraum vom 08.06.2017 bis 14.06.2017 betrifft, und der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in vollem Umfang.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine angebliche Sperrzeit-Entscheidung bzw Nicht-Zahlung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 8.6.2017 bis 14.6.2017.

I.

Die 1962 geborene Klägerin war bis 31.5.2017 befristet beschäftigt gewesen und hat unstreitig am 1.6.2017 einen Neu-Anspruch auf Arbeitslosengeld dem Grunde nach erworben.

Aus einem Aktenvermerk vom 26.5.2017, 8:42 Uhr, ergibt sich, dass die Klägerin an diesem Tag anlässlich ihrer persönlichen Arbeitslosmeldung mit Rechtsfolgenbelehrung gem. § 309 iVm § 159 SGB III zum "07.06.2017 um 00:00 Uhr" vorgeladen wurde. Die Einladung selbst ist nicht aktenkundig. Am 7.6.2017 teilte die Klägerin kurz nach 08.00 Uhr mit, sie fühle sich gesundheitlich nicht in der Lage, diesen Termin wahrzunehmen. Die Kennzeichnung dieses Termins als abgesagt war der Beklagten jedoch technisch nicht möglich. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 7.6.2017 ging niemals bei der Beklagten ein.

II.

Mit ausdrücklich als solchem bezeichneten "Bewilligungsbescheid" vom 3.8.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld

* vom 1.6.2017 bis 7.6.2017 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 29,96 €,

* vom 8.6.2017 bis 14.6.2017 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 0,00 € und

* vom 16.6.2017 bis zur Arbeitsaufnahme am 20.7.2017 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 29,96 €.

Bezüglich des zweiten Zeitraums gab sie in der Spalte "Begründung" für diese Null-Zahlung an: "Sperrzeit bei Meldeversäumnis § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB III (08.06.2017 - 14.06.2017)". Auf Blatt 3 wird unter der durch Fettschrift und Großdruck besonders hervorgehobenen Überschrift "Wie sich die Höhe Ihres Arbeitslosengelds nach dem SGB III errechnet" in der dritten Unter-Überschrift "Zeiten ohne Leistungen" lediglich mitgeteilt: "In der Zeit vom 08.06.2017 bis zum 14.06.2017 wird Arbeitslosengeld gem. § 136 SGB III nicht gezahlt, weil nach §§ 159 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 Nr. 6, 148 Absatz 1 Nr. 3 SGB III eine Sperrzeit bei Meldeversäumnis eingetreten ist. Sie sind am 07.06.2017 der Einladung Ihrer Agentur für Arbeit nicht gefolgt (§ 309 SGB III). Wichtige Gründe haben Sie nicht genannt. Der Anspruch wird um 7 Tage gemindert. Hinweise zum Erlöschen des Anspruchs .....". Ein Sperrzeit-Feststellungbescheid ist nicht aktenkundig.

Am 24.8.2017 legte die Klägerin gegen den Bewilligungsbescheid mit ausführlicher Begründung auch in zwei weiteren Schreiben wegen der Sperrzeit Widerspruch ein.

Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 als unbegründet zurückgewiesen, da die Klägerin für den 7.6.2017 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und an diesem Tag auch nicht mit ihrer Vermittlerin selbst, sondern einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten, telefoniert habe, sodass ein Verzicht auf die Wahrnehmung des Termins nicht möglich gewesen sei.

Hiergegen erhob die Klägerin am 6.11.2017 mit erneuter ausführlicher Begründung zum Sozialgericht Bayreuth Klage und beantragt,

den "Bewilligungsbescheid" vom 3.8.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr auch im Zeitraum vom 8.6.2017 bis 14.6.2017 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen

und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich Bezug auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und den Inhalt seiner Akten.

Die Akten der Beklagten sind zum Verfahren beigezogen worden und waren Gegenstand der mündliche...

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