Entscheidungsstichwort (Thema)

Fiktion der Bekanntgabe eines Bescheides bei Nachweis eines Absendevermerks durch die Behörde

 

Orientierungssatz

Erfolgt keine förmliche Zustellung des Widerspruchsbescheides, so gilt dieser gemäß § 37 Abs. 2 SGB 10 am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Erforderlich ist hierzu der Nachweis eines Absendevermerks in der Akte der Behörde. Eine Verlängerung der Frist ist in § 26 Abs. 3 S. 1 SGB 10 vorgesehen. Bei der Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 S. 2 SGB 10 ist eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ausgeschlossen. Endet die Dreitagefrist an einem Sonntag, so verlängert sich die Frist nicht auf den nächstfolgenden Werktag (BSG Urteil vom 6. 5. 2010, B 14 AS 12/09 R).

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Strittig ist die Erstattung von Heizkosten für den Abrechnungszeitraum vom 02.02.2010 bis 14.03.2011.

Der Kläger erhält seit dem 31.10.2006 Leistungen von dem Beklagten nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Der Kläger wohnt in einer 1-Zimmer-Wohnung mit 34,27 qm in K. Die Wohnung wird mit Erdgas beheizt, das von dem Energieversorger E bezogen wird. Die Warmwasserbereitung erfolgt dezentral.

Gem. der Jahresrechnung vom 21.03.2009 musste der Kläger Vorauszahlungen an den Energieversorger in Höhe von monatlich 49,00 Euro erbringen. Die Vorauszahlungen waren von April 2009 bis Januar 2010 jeweils bis zum 15. des Monats fällig. Mit der nächsten Jahresabrechnung vom 06.03.2010 wurden die Abschläge auf 52,00 erhöht und sollten von April 2010 bis Januar 2011 gezahlt werden. Im Februar und März 2010 mussten keine Abschläge gezahlt werden.

Mit Bescheid vom 26.10.2010 bewilligte der Beklagte Leistungen für Heizung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 in Höhe von monatlich 52,00 Euro.

Am 19.03.2011 erstellte der Energieversorger die Jahressrechnung für die Zeit vom 02.02.2010 bis 14.03.2011, wonach insgesamt Erdgas in einem Wert von 751,70 Euro berechnet wurde. Nach einem Abzug der Vorauszahlungen in Höhe von 520,00 Euro stellte E noch 231,70 Euro sowie eine sonstige Forderung in Höhe von 5,00 Euro in Rechnung. Die sonstige Forderung resultiert aus Mahnkosten vom 30.01.2011.

Mit Bescheid vom 25.05.2011 änderte der Beklagte die Leistung für die Zeit vom 01.11.2010 - 30.04.2011 ab und bewilligte weitere Kosten der Heizung in Höhe von 80,69 Euro, die er unmittelbar an E zur Begleich der Jahresrechnung vom 19.03.2011 auszahlte. Der Kläger hat gegen den Bescheid am 28.06.2011 Widerspruch erhoben, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2011 als unbegründet zurück wies. Der Widerspruchsbescheid erhielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, in der darauf hingewiesen wurde, dass die Frist für die Erhebung der Klage beim zuständigen Sozialgericht Bayreuth einen Monat beträgt. Es wurde außerdem darauf hingewiesen, dass bei Zusendung durch einfachen Brief oder bei Zustellung durch eingeschriebenen Brief die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt gilt. Die Sachbearbeiterin des Beklagten hat die Aufgabe zur Post am 04.08.2011 auf dem in der Akte verbleibenden Entwurf des Widerspruchsbescheids vermerkt.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 06.09.2011, übermittelt und eingegangen bei Gericht per Telefax am 08.09.2011, Klage erhoben. Er macht geltend, dass noch 161,38 Euro an Heizkosten zu zahlen wären. Außerdem ergäben sich durch die Überweisung der Strom- und Heizkosten durch den Beklagten unmittelbar an den Energieversorger Verzögerungen, woraus Mahngebühren für den Kläger in Höhe von 78,00 Euro resultierten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2011 zu verurteilen, weitere 239,38 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei verspätet eingelegt worden und daher bereits unzulässig. Die Mahngebühr aus der Nebenkostenabrechnung sei nicht berücksichtigt worden, weil der Kläger die Abrechnung vom 19.03.2011 erst am 20.05.2011 vorgelegt habe. Auch die vorangegangene Nebenkostenabrechnung habe der Kläger erst ca. 3 Monate nach Erhalt vorgelegt. Die vom Kläger geltend gemachten Beträge könnten nicht nachvollzogen werden. Eine Erstattung sei im Übrigen bisher noch gar nicht beantragt worden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Akten des Beklagten verwiesen.

Die Kammer hat am 29.07.2013 zunächst durch Gerichtsbescheid entschieden, der dem Kläger am 02.08.2013 zugestellt wurde. Eingehend am 02.09.2013 hat der Kläger mündliche Verhandlung beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage erweist sich als verfristet und damit als unzulässig.

Der Kläger hat rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, so dass der Gerichtsbescheid vom 29.07.2013 gem. § 105 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als nicht ergangen gilt.

Der Kläger ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Die Kammer konnte dennoch entscheiden, ...

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