Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenkasse. freiwilliges Mitglied. Bescheid. Ende. Mitgliedschaft. Zahlungsverzug. aufschiebende Wirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Klage gegen einen Bescheid, mit dem eine Krankenkasse das Ende der Mitgliedschaft wegen Zahlungsverzuges feststellt, hat aufschiebende Wirkung.

2. § 86a Abs 2 Nr 1 SGG ist auf diese Sachverhalte nicht entsprechend anzuwenden.

3. Die Krankenkasse kann die aufschiebende Wirkung nur durch eine Entscheidung nach § 86a Abs 2 Nr 5 SGG verhindern.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Bescheid, mit das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin wegen Zahlungsverzuges festgestellt wurde.

Die im Jahr 1951 geborene Klägerin ist seit 1991 Mitglied der Beklagten. Seit dem 15. Juli 1991 ist sie als hauptberuflich Selbstständige freiwillig versichert. Mit Bescheid vom 23. April 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung für März 2001 nicht fristgerecht eingegangen sei. Sie forderte die Klägerin zur Zahlung auf. Unter dem Datum 18. Mai 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass auch der Beitrag für April 2001 nicht gezahlt worden sei. Die Forderung betrage jetzt 1.010,12 DM (Beiträge, Säumniszuschläge, Mahngebühr und Kosten für März und April 2001). Dieser Bescheid enthielt einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedschaft der Klägerin kraft Gesetzes am 15. Juni 2001 enden würde, wenn sie die Beitragsschulden bis dahin nicht ausgeglichen habe. Nachdem die Beklagte einen Zahlungseingang nicht feststellen konnte, teilte sie der Klägerin mit Bescheid vom 18. Juni 2001 mit, dass ihre Mitgliedschaft am 15. Juni 2001 endete. Unter dem Datum 27. Juni 2001 bat die Klägerin darum, die Mitgliedschaft fortzuführen. Sie werde die Zahlungsrückstände unverzüglich begleichen. Mit der Klage vom 29. Oktober 2001 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Beklagte erließ unter dem Datum 30. November 2001 einen ablehnenden Widerspruchsbescheid.

Mit ihrem Antrag vom 6. Juni 2002 bittet die Klägerin um "einstweiligen Rechtsschutz".

Die Kammer hat die Beteiligten in dem Erörterungstermin am 12. Juli 2002 darauf hingewiesen, dass die Klage gegen den angefochtenen Bescheid aufschiebende Wirkung haben wird.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2001 festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Ansicht, dass die sofortige Vollziehbarkeit der angefochtenen Entscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) folge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvortrages wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (Az. S 86 KR 2961/01 ER 02 und S 86 KR 2961/01) und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Ist in einem Hauptsacheverfahren streitig, ob die aufschiebende Wirkung eingetreten ist oder nicht, kann das Gericht auf Antrag durch Beschluss aussprechen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat (deklaratorischer Beschluss; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 7. Auflage 2002, § 86 b RNr. 15 unter Hinweis auf BSG NZS 94, 335 u. a.; § 86 a RNr. 8 m. w. N.).

Die aufschiebende Wirkung der Klage ist hier festzustellen. Nach § 86 a Abs. 1 SGG hat die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG) ist die richtige Klageart, wenn sich ein freiwillig Versicherter -- wie hier in der Hauptsache -- gegen die durch Bescheid festgestellte Beendigung der Mitgliedschaft wegen Zahlungsverzuges nach § 191 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wendet (BSG, Urteil vom 23. Februar 1995, Az. 12 RK 29/93 = SozR 3-2500 § 191 Nr. 2).

Entgegen der Ansicht der Beklagten entfällt die aufschiebende Wirkung nicht gemäß § 86 a Abs. 2 SGG. Hiernach entfällt die aufschiebende Wirkung (1.) bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten, (2.) in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesanstalt für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, (3.) für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen, (4.) in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen, (5.) in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Entscheidung über das Ende der freiwi...

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