Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.12.1997; Aktenzeichen 7 RAr 66/97)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 1. August 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 1994 verurteilt, dem Kläger ABM-Förderung auch in Höhe der Urlaubsabgeltung für den Arbeitnehmer … zu gewähren.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Umfang der Förderung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM).

Mit Bescheid vom 20. April 1993 bewilligte die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach die ABM-Förderung für dessen Projekt „Offene Kirchen”, welches sodann in der Zeit vom 1. Juni 1993 bis zum 31. Mai 1994 durchgeführt wurde. Aufgrund der Schlußabrechnung des Klägers bewilligte die Beklagte mit von ihr so bezeichnetem „Schlußbescheid” vom 1. August 1994 die Gewährung der einzelnen Fördermittel. Hierin wurde im wesentlichen dem Antrag des Klägers entsprochen; nicht bewilligt wurde jedoch die Übernahme von Urlaubsabgeltung für den Arbeitnehmer … welcher aufgrund einer Erkrankung den Jahresurlaub nicht mehr bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses hatte nehmen können. Zur Begründung führte die Beklagte an, die Urlaubsabgeltung sei nicht nach den §§ 94 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), 16 ABM-Anordnung (ABMAO) förderungsfähig. Den fristgemäßen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1994 unter Hinweis auf die Richtigkeit des Ausgangsbescheides zurück.

Mit seiner am 6. Januar 1995 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter, auch eine Übernahme der Kosten der Urlaubsabgeltung für den Arbeitnehmer … im Wege der ABM-Förderung zu erhalten. Er behauptet, die Beklagte habe in ihrer bisherigen Praxis die Urlaubsabgeltung stets nach ABM-Grundsätzen gefördert und sich hierdurch selbst gebunden. Außerdem handele es sich hierbei um Bestandteile des Arbeitsentgelts.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 1. August 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 1994 zu verurteilen, ihm AMB-Förderung auch in Höhe der Urlaubsabgeltung für den Arbeitnehmer … zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung beruft sie sich auf Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom Mai 1994, wonach die Urlaubsabgeltung kein nach ABM-Regeln förderungsfähiges Arbeitsentgelt darstelle.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, den Kläger betreffend, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorlagen und Gegenstand der geheimen Beratung der Kammer waren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. August 1995 sind eine Vertreterin des Klägers sowie ein Vertreter der Beklagten mit ihren Ausführungen gehört worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und auch begründet.

Der Sozialrechtsweg ist eröffnet gemäß § 51 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), das Sozialgericht Berlin ist örtlich zuständig gemäß § 57 Abs. 1 SGG, ein Vorverfahren gemäß § 78 SGG wurde ordnungsgemäß durchgeführt, die Klagefrist nach § 87 SGG ist gewahrt.

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind im angefochtenen Umfange rechtswidrig und verletzen insoweit den Kläger auch in seinen Rechten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf ABM-Förderung auch der Urlaubsabgeltung für den Arbeitnehmer … zu.

Rechtsgrundlage des klägerischen Anspruches sind die §§ 94 AFG, 16 ABMAO. Nach § 94 Abs. 1 Satz 2 AFG ist dem Grunde nach jedes Arbeitsentgelt für die ABM-Förderung berücksichtigungsfähig. Streitig ist vorliegend zwischen den Beteiligten, ob es sich auch bei der Urlaubsabgeltung um Arbeitsentgelt im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 2 AFG handelt.

Rechtsfrage Konnte die Kammer nicht feststellen, jedoch ist mittlerweile anerkannt, daß „Arbeitsentgelt” im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 2 AFG auch Leistungen umfassen kann, denen keine Arbeitsleistung gegenübersteht, also etwa die Lohnfortzahlung nach dem Lohnfortzahlungs-Gesetz, die Lohnfortzahlung an Feiertagen und das Urlaubsgeld (Düe in Niesel, AFG, § 94 RdNr. 8).

Darüber hinaus hat jüngst das Bundessozialgericht im Zusammenhang mit Konkursausfallgeld entschieden, daß auch die Urlaubsabgeltung eine Gegenleistung für Arbeit darstelle und dem letzten Abschnitt des jeweiligen Arbeitsverhältnisses zuzurechnen sei (BSG, Urteile vom 27. September 1994, 10 RAr 6/93 und 7/93).

Diese Rechtsprechung, der sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, ist nach Auffassung des Gerichts auch auf die ABM-Förderung von Urlaubsabgeltung übertragbar. Denn die Urlaubsabgeltung stellt ihrer Funktion nach eine Entschädigung in Geld für einen Urlaub dar, der im Arbeitsverhältnis selber nicht mehr in natura geleistet werden konnte. Sie steht im synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung und rechnet daher – trotz späterer Auszahlung – zeitlic...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge