Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. ein Elterngeldanspruch für Mehrlingsgeburten. kein kindbezogener Anspruch mehr für jeden Mehrling. Ungleichbehandlung gegenüber zeitgleich adoptierten Kindern. kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Berechnungsreihenfolge von Geschwisterbonus und Mehrlingszuschlag
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung des § 1 Abs 1 S 2 BEEG iVm § 2a Abs 4 S 1 BEEG zur Ablösung der kindbezogenen Ansprüche bei Mehrlingsgeburten durch lediglich einen Anspruch auf Elterngeld zuzüglich des Mehrlingszuschlags ist nicht verfassungswidrig.
Fällt neben dem Mehrlingszuschlag nach § 2a Abs 4 S 1 BEEG noch der Geschwisterbonus nach § 2a Abs 1 S 1 BEEG an, so ist zunächst der Geschwisterbonus zu berechnen und erst anschließend der Mehrlingszuschlag aufzuaddieren.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des den Klägern gewährten Elterngeldes für ihre Zwillinge nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG, im Folgenden in der Fassung vom 18.12.2014, BGBl. I, S. 2325), wobei insbesondere umstritten ist, ob anstelle des Mehrlingszuschlags ein eigenständiger Elterngeldanspruch auch für die Betreuung des zweiten Zwillingskindes besteht.
Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der am 8.1.2015 geborenen Kinder M. (Ma) und Ö. (Ö), sowie des am 26.6.2013 geborenen Kindes C. (C) und des am 7.3.2011 geborenen Kindes M. (Me). Der Kläger zu 1) bezog nach der Geburt des C Elterngeld für dessen 3. bis 13. Lebensmonat. Die Klägerin zu 2) erhielt vom 24.12.2014 bis 29.4.2015 Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 € kalendertäglich und einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld von 53,67 € kalendertäglich.
Sie beantragten mit Schreiben vom 17.3.2015 die Gewährung von Elterngeld für Ma, der Kläger zu 1) für den 13. und 14. Lebensmonat und die Klägerin zu 2) für den 1. bis 12. Lebensmonat. Am 8.5.2015 beantragten die Kläger gleichfalls die Gewährung von Elterngeld für Ö, der Kläger zu 1) für den 1. bis 12. Lebensmonat und die Klägerin zu 2) für den 13. und 14. Lebensmonat.
Ausgehend von einem Bemessungszeitraum von Januar bis Juli 2013 und August bis Dezember 2014 (unterbrochen durch den Zeitraum des Elterngeldbezugs für C) ermittelte der Beklagte unter Zugrundelegung des vom Kläger zu 1) in diesem Zeitraum erzielten monatlichen Einkommens in Höhe von 2.934,46 € (Steuer-Brutto) ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 2.394,84 €. Der Beklagte bewilligte dem Kläger zu 1) sodann mit Bescheid vom 27.7.2015 Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat der Kinder Ma und Ö in Höhe von monatlich insgesamt 2.012,32 € (1.556,65 € [65 % von 2.394,84 €] + 155,67 € [10 % von 1.556,65 € Geschwisterbonus] + 300,00 € [Mehrlingszuschlag]). Mit weiterem Bescheid vom 27.7.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2015 lehnte der Beklagte die Gewährung von Elterngeld für Ö - über den Mehrlingszuschlag hinaus - ab.
Ausgehend von einem Bemessungszeitraum von Dezember 2013 November 2014 ermittelte der Beklagte unter Zugrundelegung des von der Klägerin zu 2) in diesem Zeitraum erzielten monatlichen Einkommens in Höhe von 3.156,28 € bzw. 1.017,32 € im Dezember 2013, 1.012,09 € im Januar 2014 und 167,03 € im November 2014 (jeweils Steuer-Brutto) ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.579,64 €. Der Beklagte bewilligte der Klägerin zu 2) sodann mit Bescheid vom 28.10.2015 Elterngeld für den 4. Lebensmonat der Kinder Ma und Ö (unter Anrechnung der Mutterschutzleistungen) in Höhe von insgesamt 381,19 € und für den 5. bis 12. Lebensmonat in Höhe von jeweils 1.429,45 € (1.026,77 € [65 % von 1.579,64 €] + 102,68 € [10 % von 1.026,77 € Geschwisterbonus] + 300,00 € [Mehrlingszuschlag]). Mit weiteren Bescheid vom 28.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.12.2015 lehnte der Beklagte die Gewährung von Elterngeld für Ö - über den Mehrlingszuschlag hinaus - ab.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 20.6.2016 die vom Kläger zu 1) gegen den Bescheid vom 27.7.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2015 und die von der Klägerin zu 2) gegen den Bescheid vom 28.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.12.2015 - zunächst unter dem Aktenzeichen S 3 EG 5/16 - erhobenen Klagen nach § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Elterngeld jeweils für den zweiten Zwilling Ö. Sie tragen insoweit unter anderem vor, dass die Ablehnung dem Sinn und Zweck des Elterngeldes widerspreche, wonach die wirtschaftliche Existenz beider Elternteile auf Dauer gesichert werden solle; da es bei Zwillingsgeburten in der Regel notwendig sei, dass beide Elternteile zunächst zu Hause bleiben, sei bei lediglich einem Anspruch auch nur die Existenz eines Elternteils gewährleistet. Darüber hinaus liege auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor, denn Eltern, die Zwillinge ...