Entscheidungsstichwort (Thema)

kein Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträger nach SGB 2 als nachrangig verpflichteter Leistungsträger. Bank als Inhaber von Insolvenzgeldansprüchen nach Vorfinanzierung von Arbeitsentgelt gegen Abtretung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der vorfinanzierenden Bank Insolvenzgeld für an sie abgetretenes Arbeitsentgelt gewährt, kann kein Erstattungsanspruch der SGB 2 - Leistungsträger wegen der Zahlung von Arbeitslosengeld II an die abtretenden Arbeitnehmer bestehen.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2011 verurteilt, der Klägerin weitere 1.383,54 Euro Insolvenzgeld zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 1.383,54 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des der Klägerin aus abgetretenem Recht zustehenden Insolvenzgeldes nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).

Die Arbeitnehmerinnen C. F., S. B. und M. E. waren im Jahr 2010 bei der Fa. R. S. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) beschäftigt. Da ihr Arbeitseinkommen nicht zur Deckung ihres Lebensunterhalts ausreichte, bezogen sie zugleich von den beiden Beigeladenen ergänzend Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Über das Vermögen der Schuldnerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 03.09.2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet (Az. 36r IN 3958/10). Der vorläufige Insolvenzverwalter beantragte kurz danach namens der klagenden Bank bei der Beklagten die Zustimmung zur Vorfinanzierung des Arbeitsentgeltes für die 96 Mitarbeiter der Schuldnerin gem. § 188 Abs. 4 SGB III a. F., um die Fortführung des Geschäftbetriebs zu ermöglichen. Die Beklagte erteilte diese Zustimmung für die Monate August bis Oktober 2010. Die klagende Bank und die Schuldnerin, vertreten durch den Insolvenzverwalter, schlossen einen Vertrag über den Ankauf und die Abtretung von Ansprüchen auf Arbeitsentgelt für die Zeit 01.08.2010-30.10.2010. Die betroffenen Arbeitnehmer stimmten diesem Vertrag durch gesonderte Formularerklärungen für die einzelnen Monate zu. Als Gegenleistung für die Abtretung ihrer Lohnansprüche erhielten die Arbeitnehmer dank der Vorfinanzierung der Klägerin laufende Zahlungen in Höhe ihrer monatlichen Nettoentgelte.

Am 01.11.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin beantragte im November 2010 die Gewährung von Insolvenzgeld an Dritte in Höhe von 213.991,88 Euro. Mit Bescheid vom 02.03.2011 setzte die Beklagte den Anspruch auf 212.608,34 Euro fest. Der geltend gemachte Anspruch könne nur in dieser Höhe berücksichtigt werden, weil die o. g. Arbeitnehmerinnen im maßgeblichen Insolvenzgeldzeitraum Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.383,54 Euro erhalten hätten. Der Antrag habe daher um diesen Betrag gekürzt werden müssen.

Den gegen den Bescheid einlegten Widerspruch vom 25.03.2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie an:

Bei der Auszahlung des Insolvenzgeldes seien die Erstattungsansprüche der Beigeladenen für die Arbeitnehmerinnen gem. § 104 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu berücksichtigen. Die Beigeladenen hätten ihre Erstattungsansprüche in Kenntnis darüber angemeldet, dass die Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld für nicht gezahltes Arbeitsentgelt hätten. Aus diesem Grunde bestehe ihrerseits keine Veranlassung, die Rechtmäßigkeit der Erstattungsansprüche der Beigeladenen anzuzweifeln. Die Arbeitnehmer hätten es offensichtlich versäumt, die Klägerin über die bei den Beigeladenen beantragten Leistungen zu informieren.

Die Klägerin hat am 21.06.2011 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Sie trägt zur Klagebegründung im Wesentlichen vor:

Ihr stehe Insolvenzgeld in Höhe von weiteren 1.383,54 Euro zu. Erstattungsansprüche der Beigeladenen bestünden nicht, da die von den Beigeladenen gezahlten Aufstockungsbeiträge lediglich das Arbeitsentgelt ergänzten und somit weder gegenüber den Arbeitnehmern noch ihr gegenüber in Abzug zu bringen seien. Das Insolvenzgeld könne nicht um die Aufstockungsbeiträge vermindert werden, da andernfalls die Aufstockung zur Deckung des Lebensunterhalts wegfallen würde. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten sei im Hinblick auf den Zweck des Anspruchs auf ergänzende Hilfe widersinnig.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2011 zu verurteilen, ihr weitere 1.383,54 Euro Insolvenzgeld zu gewähren.

Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen übereinstimmend,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist im Wesentlichen auf deren Gründe.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige ...

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