Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. zulässige Klageart. Streit über die Erteilung einer Zustimmungserklärung zu einer Ausnahmevereinbarung nach Art 17 EWGV 1408/71. Rechtsnatur. Entsendestaat. Polen
Leitsatz (amtlich)
Die für den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen nach Art 17 der EWGV 1408/71 erforderliche Zustimmungserklärung der zuständigen deutschen Behörde stellt keinen Verwaltungsakt gegenüber einem eine Ausnahmevereinbarung beantragenden ausländischen Unternehmen dar mit der Folge, dass die Erteilung der Zustimmung nicht im Wege der Verpflichtungsklage begehrt werden kann.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Erteilung einer Zustimmung für den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen nach Art. 17 der Verordnung (VO) (EWG) Nr. 1408/71.
Die Klägerin ist eine GmbH nach polnischem Recht mit Sitz in T./Polen. Sie ist eine 100%ige Tochter der E.S.A., einer Aktiengesellschaft nach polnischem Recht. Die Tätigkeit der E.-Unternehmens-Gruppe umfasst die Vorbereitung und Ausführung von Bauvorhaben in Polen, aber auch in anderen EU-Ländern. Die Klägerin war im Schiffsbau tätig; zum Mai 2006 stellte sie ihre Tätigkeit in Deutschland ein.
Im Jahr 2005 beantragte sie bei der in Polen für den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen zuständigen Stelle, der Zaklad Ubezpieczen Spolecznych (ZUS), mit zwei Anträgen für insgesamt 30 Arbeitnehmer, dass während deren Tätigkeit in Deutschland die polnischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit bis längstens 31.07.2008 weiterhin anwendbar sein sollen. Die ZUS unterbreitete daraufhin der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland (DVKA), für die betroffenen Arbeitnehmer Vereinbarungsvorschläge.
Mit Schreiben vom 03.04.2007, 27.06.2007 und 16.08.2007 teilte die DVKA der Klägerin mit, dass dem Antrag auf Weitergeltung der polnischen Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit für die von den Anträgen umfassten Arbeitnehmer nicht entsprochen werden könne; dies sei der polnischen zuständigen Behörde mitgeteilt worden. Weiter bat sie die Klägerin, die Arbeitnehmer über deren Krankenkassenwahlrecht zu informieren und mitzuteilen, welche Krankenkasse für den Beitragseinzug zuständig sein solle.
In der Folge erteilte die ZUS der Klägerin ablehnende Bescheide.
Gegen die Schreiben der DVKA legte die Klägerin mit Schreiben vom 03.05.2007, 13.08.2007 und 26.10.2007 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2009 wies die Beklagte, die die DVKA zum 01.07.2008 übernommen hatte, die Widersprüche der Klägerin als unzulässig zurück. Die Sachverhaltsaufklärung habe ergeben, dass die Klägerin bis Januar 2007 keine nennenswerte Geschäftstätigkeit in Polen ausgeführt habe. Dies sei Voraussetzung für den Abschluss von Ausnahmegenehmigungen. Weiter würden sich die Widersprüche gegen die falsche Behörde richten. Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei an die Vertragspartei zu richten, in deren Gebiet der Arbeitgeber seinen Sitz habe. Dementsprechend sei die ZUS die zuständige Stelle i.S.d. Art. 17 VO (EWG) Nr. 1408/71, die den Antrag zu bescheiden habe. Die Beklagte habe gegenüber der Klägerin keine Verwaltungsakte erlassen. Vielmehr handele es sich bei den von der ZUS gegenüber der Klägerin erlassenen Bescheiden um mehrstufige Bescheide, da die Herstellung des Einvernehmens mit der Beklagten erforderlich sei. Bei dieser Mitwirkungshandlung handele es sich um ein Verwaltungsinternum. Auch die Mitteilung eines EG-ausländischen Versicherungsträgers entfalte keine unmittelbare Außenwirkung. Die Beklagte sei lediglich dann Widerspruchs- und Klagegegner, wenn sie einen ablehnenden Bescheid über die Weitergeltung des deutschen Sozialversicherungsrechts erlasse. Mangels gestaltender Wirkung hätten die Schreiben der Beklagten an die Klägerin keine Verwaltungsaktsqualität. In der Aufforderung zur Ausübung des Kassenwahlrechts liege zudem keine Außenwirkung.
Am 13.11.2009 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17.06.2010 an das Sozialgericht Berlin verwiesen hat.
Zur Begründung macht die Klägerin geltend, den Schreiben der Beklagten würde als Ablehnungsbescheiden Verwaltungsaktsqualität zukommen, die sowohl einen Regelungsgehalt als auch eine für die Klägerin unmittelbare Außenwirkung entfalten würden. Aus der ablehnenden Entscheidung der Beklagten würden unmittelbare finanzielle Nachteile für die Klägerin folgen, da hieraus eine Beitragspflicht in Deutschland resultiere. Durch die Bescheide der Beklagten würde die Sozialversicherungspflicht in Deutschland geregelt, d.h. die Geltung der deutschen Rechtsvorschriften stelle sich als unmittelbare Rechtsfolge der Ablehnungsbescheide dar. So hätten sich bereits zwei verschiedene deutsche Krankenkassen an die Klägerin gewandt und diese zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgefordert, obwohl die deutschen Krankenkassen noch keine Kenntnis von ...