Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Medizinisches Versorgungszentrum. Nachbesetzung eines Facharztes für Chirurgie nach altem Weiterbildungsrecht mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nach neuem Weiterbildungsrecht nur bei Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie

 

Orientierungssatz

1. Erforderlich bei der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ ist, dass diese nur mit einem Arzt derselben Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung erfolgen kann. Dies ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, folgt aber nach der Rechtsprechung des BSG aus dem Umstand, dass § 103 Abs 4a S 3 SGB 5 als Sonderregelung zur Zulassungsbeschränkung bei Überversorgung - wie sie im vorliegenden Fall sowohl für die Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie als auch der Fachärzte für Orthopädie besteht - nach § 103 Abs 1 bis 3 SGB 5 ausgestaltet ist (vgl BSG vom 2.7.2014 - B 6 KA 23/13 R = BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14).

2. Die Nachbesetzung eines ausscheidenden Facharztes für Chirurgie (nach altem Weiterbildungsrecht) mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht) in einem MVZ kann nur dann erfolgen, wenn der ausscheidende Arzt über die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie verfügt. Nur dann kann sicher angenommen werden, dass sich die Tätigkeitsfelder von Vorgänger- und Nachfolgearzt im Wesentlichen entsprechen und eine aus Sicht der Bedarfsplanung neutrale Nachbesetzung erfolgt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.09.2016; Aktenzeichen B 6 KA 40/15 R)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die der Klägerin erteilte Anstellungsgenehmigung für die Nachbesetzung einer Arztstelle mit einer Einschränkung versehen werden darf.

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer GbR geführtes MVZ, das mit Wirkung von 1. Juli 2006 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist und u. a. Ärzte der Fachgruppen Orthopädie und Chirurgie beschäftigt. Für diese Arztgruppen ist der Planungsbereich wegen Überversorgung gesperrt. Im September 2012 beantragte die Klägerin die Genehmigung der Anstellung von Herrn P. - einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie oder Orthopäde und Unfallchirurg - in Nachfolge des angestellten Facharztes für Chirurgie Dr. H. S., dessen Dienstvertrag zum 31. Oktober 2012 im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst wurde. Dr. S. war zunächst von Juli 2006 bis August 2011 bei der Klägerin angestellt und hatte dann seine Anstellung in eine Zulassung umgewandelt. Die frei werdende Stelle wurde mit einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie nachbesetzt. Ein hiergegen anhängiges Klageverfahren hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2012 - S 71 KA 462/11). Vom 1. September 2011 bis 31. März 2012 war Dr. S. mit Praxissitz unter der Anschrift der Klägerin in Berlin … tätig. Ab 1. April 2012 bis Ende Oktober 2012 war er erneut bei der Klägerin angestellt. Nach den Angaben der Klägerin war Dr. S., der nicht berechtigt war, die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie zu führen, ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates bzw. unfallchirurgisch tätig. Auf Antrag der Klägerin genehmigte der Zulassungsausschuss mit Bescheid vom 21. November 2012 die Anstellung von Herrn P. mit Wirkung zum 15. Dezember 2012, jedoch mit der Maßgabe zur ausschließlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Unfallchirurgie (Ziffer 1 des Tenors). Unter Ziffer 5 des Tenors heißt es:

Die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung umfasst die Erbringung und Abrechnung ambulanter ärztlicher und ggf. psychotherapeutischer Leistungen für die Versicherten der GKV auf der Grundlage der geltenden berufsrechtlichen und vertraglichen Regelungen der angestellten Ärzte.

Fachgruppe Orthopädie

Fachgruppe Hausärzte All./Int.

Fachgruppe Chirurgie

3.) Herr P. (Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, darf nur unfallchirurgisch tätig werden, da Dr. S. als Vorgänger schwerpunktmäßig als Unfallchirurg tätig war.

Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Sie ist der Ansicht, dass die Nachbesetzung entsprechend der Facharztanerkennung von Herrn P. für das Gebiet der Orthopädie und Unfallchirurgie genehmigt werden müsse und hält die Beschränkung der Tätigkeit von Herrn P. auf den Bereich der Unfallchirurgie für rechtswidrig.

Der Beklagte genehmigte mit Beschluss vom 27. März 2013 unter Zurückweisung des Widerspruchs die Anstellung von Herrn P. bei der Klägerin unter Zuordnung zum Gebiet der Chirurgie (Ziffer 1) und stellte das Enden der Anstellung von Dr. S. zum 30. November 2011 fest (Ziffer 2). Unter Ziffer 4 des Beschlusses heißt es: Im Übrigen verbleibt es bei den Festlegungen des Beschlusses vom 21. November 2012 zu Ziff. 3 bis 6. In der Begründung wird ausgeführt, für die Nachbesetzung einer angestellten Arztstelle sei grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen dem ausscheidenden und dem hierfür anzustellenden Leistungserbringer erforderlich, die hier nicht vorliege. Zur Nachbesetzung stehe nur eine vorhandene Arztstelle für das Fachgebiet Chiru...

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