Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Hygienemehrbedarf bei Aids-Erkrankung. ergänzende Sozialhilfe. Hilfe in sonstigen Lebenslagen
Orientierungssatz
Einem Hilfebedürftigen, der laufende Leistungen nach SGB 2 bezieht und der aufgrund einer Aids-Erkrankung einen dauerhaft erhöhten Bedarf an Reinigungs-, Körperpflege- und Desinfektionsmitteln hat, ist mangels Rechtsgrundlage im SGB 2 Hilfe in sonstigen Lebenslagen gem § 73 SGB 12 in Form von Zuschüssen zu gewähren.
Nachgehend
Tenor
Der Beigeladene wird verurteilt, dem Kläger in der Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 dem Grunde nach einen Mehraufwand für Hygienebedarf zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beigeladene trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Klageverfahren, darüber hinaus findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Berufung des Beigeladenen wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die Kosten für Hygienemehrbedarf im Zeitraum November 2007 bis April 2008.
Der Kläger ist ... 1968 geboren und an HIV erkrankt. Neben einer Rente bezieht er vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, u. a. bewilligt mit Bescheid vom 2. November 2007 für November 2007 bis April 2008 in Höhe von monatlich 137,72 Euro für Unterkunft und Heizung. Mit Änderungsbescheid vom 8. November 2007 erhöhte der Beklagte den Leistungsbetrag in diesem Zeitraum auf 172,66 Euro monatlich.
Den Widerspruch des Klägers wegen einer Nichtbewilligung von zusätzlichen Leistungen wegen vermehrter Aufwendungen für Hygiene im Zusammenhang mit der HIV-Erkrankung wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2007 als unbegründet zurück unter Verweis auf die Begründung in den Widerspruchsbescheiden vom 27. September 2007 (W 1320/07) und 30. Oktober 2007 (W 320/07) in gleicher Sache.
Die Klage ist am 16. Januar 2008 beim Sozialgericht Berlin eingegangen. Der Kläger macht geltend, er habe im Oktober 2005 die Übernahme der Kosten für Mehraufwendungen im Zusammenhang mit seiner Erkrankung beantragt, die für Körperpflegemittel, Desinfektionsmittel, höhere Strom-, Wasser-, Waschmittelkosten für häufigeres Waschen sowie durch den höheren den Verschleiß der Wäsche entstehen. Es liege ein unabweisbarer Bedarf vor, der entweder durch den Beklagten oder den Beigeladenen zu decken sei. Sein Bevollmächtigter hat u. a. eine Stellungnahme der Aidshilfe in einem Parallelverfahren eingereicht, woraus der typische, nicht durch die Regelleistung abgedeckte Bedarf von HIV-Infizierten ersichtlich sei, wie er im Wesentlichen auch beim Kläger vorliege. Sämtliche für die gesundheitliche und hygienische Versorgung notwendigen Güter seien in der Regelleistung nur zu einem Anteil von 35,90 Euro enthalten. Der Kläger leide krankheitsbedingt an verstärkter Schweißbildung, müsse sich häufiger duschen, mindestens zweimal täglich die Wäsche und alle ein bis zwei Tage die Bettwäsche wechseln. Infolge der mindestens an zwei Tagen pro Woche auftretenden Durchfälle habe der Kläger auch einen vermehrten Bedarf an Toilettenpapier. Er müsse zudem Medikamente einnehmen, die er bis zur Zuzahlungsgrenze selbst bezahlen müsse.
Der Beklagte hat die im Laufe des Verfahrens zusätzlich gerügte fehlende Anpassung des in die Berechnung der Leistungen des Beklagten eingestellten Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung an die Erhöhung der Regelsätze anerkannt und dem Kläger insoweit in der Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 monatlich weitere 2,11 Euro gewährt hat. Der Kläger hat den zunächst auf den Monatsbetrag von pauschal 20,45 Euro bezifferten Klageantrag wegen des Hygienemehrbedarfs auf einen Antrag auf Verurteilung dem Grunde nach begrenzt und beantragt nunmehr,
den Bescheid des Beklagten vom 2. November 2007 in der Fassung des Bescheides vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger in der Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 dem Grunde nach einen Mehrbedarf für Hygieneaufwendungen zu gewähren,
hilfsweise den Beigeladenen zu verurteilen, dem Kläger in der Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 dem Grunde nach einen Mehrbedarf für Hygieneaufwendungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wendet ein, den Mehrbedarf müsse der zuständige Träger nach dem SGB XII leisten.
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2008 hat auch der Beigeladene die Erbringung eines Mehrbedarfs auf den Antrag des Klägers dort im Oktober 2007 versagt. Eine sonstige Lebenslage nach § 73 SGB XII liege nicht vor bei allgemeiner Einkommensarmut und in Fällen, in denen der von § 20 SGB II umfasste notwendige Lebensunterhalt betroffen sei. Bezüglich der Körperpflege- und Desinfektionsmittel werde empfohlen, sich an den behandelnden Arzt zu wenden, da dieser nach § 31 SGB V bei schwerwi...