Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld-II-Bezieher. Abgrenzung der Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Für eine analoge Anwendung des § 5 Abs 5a S 1 SGB 5 auf Bezieher von Arbeitslosengeld II, die zuletzt privat krankenversichert waren, aber diesen Schutz schon mehrere Monate vor Beginn des Arbeitslosengeld-II-Bezuges verloren haben, ist mangels einer Regelungslücke kein Raum.

 

Orientierungssatz

Die Vorstellungen des Gesetzgebers, die der Schaffung des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 zugrunde lagen, lassen sich nicht ohne Weiteres auf die Vorschriften des § 5 Abs 1 Nr 2a iVm § 5 Abs 5a SGB 5 übertragen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.07.2013; Aktenzeichen B 12 KR 11/11 R)

 

Tenor

Unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 26. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. März 2010 wird festgestellt, dass der Kläger seit dem 29. September 2009 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers ab Beginn seines Bezuges von Arbeitslosengeld II.

Der 1965 in der Türkei geborene Kläger begehrt die Aufnahme als pflichtversichertes Mitglied bei der Beklagten nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Streit besteht in diesem Zusammenhang darüber, ob dieser Aufnahme ein Ausschluss der Versicherungspflicht nach  § 5 Abs. 5a SGB V mit der Folge entgegensteht, dass der Kläger  mit der Beigeladenen zu 2) eine private Krankenversicherung zum Basistarif abschließen müsste und gegenüber dem Beigeladenen zu 1) einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zur privaten Krankenversicherung geltend machen könnte.

Der Kläger lebt seit 1979 in Deutschland und ist deutscher Staatsangehöriger. Nach einer Ausbildung zum Kfz-Lackierer machte er sich 1996 mit einer “….-Station … Fahrzeuginstandsetzungen GmbH„ selbständig (HRB … B). Bis 2004 war er durchgehend bei der Beklagten versichert. Ab Ende 2004 versicherte sich der Kläger privat bei der W… Krankenversicherung AG. Diese kündigte dem Kläger aufgrund von Beitragsrückständen die Versicherung zum 29. Januar 2008.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 10. Juli 2009 ( …/09) wurde am 24. August 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der vom Kläger als (Allein-)Gesellschafter-Geschäftsführer geführten GmbH eröffnet. Der Kläger meldete sein Gewerbe mit Wirkung zum 30. Juni 2009 ab.  Seit dem 01. Juli 2009 führt die Tochter des Klägers die ….-Station als Einzelfirma weiter.

Der Kläger bezieht seit dem 29. September 2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Im November 2009 bat er die Beklagte um Prüfung, ob für ihn eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe. Mit Schreiben vom 26. November 2009 teilte ihm die Beklagte mit, dass eine Mitgliedschaft bei ihr nicht möglich sei, weil der Kläger unmittelbar vor dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II privat versichert gewesen sei. Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 17. Dezember 2009 “vorsorglich„ Widerspruch. Am selben Tag stellte der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) einen Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages. Die Beigeladene zu 2) lehnte mit Schreiben vom 22. Dezember 2009 ab, dem Kläger Versicherungsschutz zu gewähren. In der Folgezeit stellte der Kläger Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Berlin. In zwei Verfahren (S 72 KR …/10 ER und S 166 KR 527/10 ER) wurde die Beklagte jeweils verpflichtet, dem Kläger einstweilen Leistungen wie einem pflichtversicherten Mitglied zu gewähren. Beide Beschlüsse wurden rechtskräftig. In einem weiteren Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte die 130. Kammer des Sozialgerichts Berlin einen gegen den Beigeladenen zu 1) gerichteten Antrag des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag nach  § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c S. 6 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG -) für die Dauer des Bezuges von Grundsicherungsleistungen ab (S 130 AS …./09 ER). Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte keinen Erfolg; sie wurde mit Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg (L 14 AS …/10 B ER) zurückgewiesen.

Den Widerspruch des Klägers vom 17. Dezember 2009 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. März 2010 zurück. Zur Begründung dieser Entscheidung führte sie an, der Kläger gehöre zu dem Personenkreis, der ab dem 01. Januar 2009 nach § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eine Krankheitskostenversicherung in der privaten Krankenversicherung abzuschließen habe. Der Gesetzgeber habe insoweit vorgesehen, dass die privaten Krankenversicherungen seit 2009 ein...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge