Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Arzneimittel. Gewährung eines Apothekenabschlags. fristgerechte Zahlung der Rechnung innerhalb der 10-Tages-Frist. Schiedsvereinbarung. kein Anspruchsuntergang bei Nachberechnung der Vergütung wegen Änderung der Rabatthöhe

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 130 Abs 3 SGB 5, wonach der Apothekenabschlag bei nicht fristgerechter Zahlung der Vergütung entfällt, findet keine Anwendung auf Fälle, in denen die Vergütung durch Änderung der Berechnungselemente nachträglich neu berechnet wird (hier: rückwirkende Änderung der Höhe des Apothekenrabatts für das Jahr 2009).

 

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 98,3 %, die Beklagte zu 2.) zu 1,7 %.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Bestand oder den Fortfall des Apothekenrabatts gemäß § 130 SGB V an der Vergütung des Klägers aus dem Jahr 2009.

Der Kläger ist selbstständiger Apotheker mit einer Hauptapotheke in Bad G… sowie einer Filialapotheke in K…. Die Beklagten sind gesetzliche Krankenkassen, an deren Versicherte - bzw. an Versicherte fusionierter Krankenkassen - der Kläger im Jahr 2009 Arzneimittel abgab.

Der zwischen den Beteiligten geltende “Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 SGB V „ vom 17. Januar 2008 bestimmt in § 3 Abs. 1, dass zwischen Krankenkasse und Apotheken ein Vertrag durch Annahme einer ordnungsgemäßen gültigen vertragsärztlichen Verordnung zustande kommt und in 9 Abs. 1, dass eine Rechnung im Sinne von § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB V mindestens aus folgenden Angaben besteht: Rechnungsdatum, Name, Anschrift und Institutionskennzeichen der Apotheke, Gesamtbeträge, Auflistung der abgegebenen Pharmazentralnummer und Gesamtzahl der Verordnungsblätter. Gemäß § 8a Abs. 1 des Vertrages richtet sich der Apothekenabschlag nach § 130 SGB V. Nach § 8 Abs. 2 haben die Partner des Vertrages eine vertragliche Anpassung des Apothekenabschlags mit Wirkung für das Kalenderjahr 2009 nach den Vorgaben des § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB V vorzunehmen.

Über die an Versicherte der Beklagten - bzw. an Versicherte fusionierter Krankenkassen - im Jahr 2009 abgegebene Arzneimittel rechnete der Kläger gegenüber den Beklagten mit monatlichen Rechnungen ab. Die Beklagten beglichen die Rechnungen jeweils binnen 10 Tagen unter Berücksichtigung von Zuzahlungsbeträgen sowie des Apothekenabschlags gemäß § 130 Abs. 1 SGB V von 2,30 EUR je verschreibungspflichtigem Fertigarzneimittel. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die für die Monate Januar bis Dezember 2009 zunächst abgerechnete Vergütung des Klägers unter zutreffender Berücksichtigung des damals geltenden Apothekenabschlags von den Beklagten vollständig geleistet worden ist.

Im September 2008 nahmen der GKV-Spitzenverband sowie der Deutsche Apothekerverband gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB V Verhandlungen über die Anpassung des Rabatts auf. Nachdem eine im Oktober 2008 erzielte Einigung der Verhandlungsbeauftragten vom GKV-Spitzenverband abgelehnt worden war, beantragte der Deutsche Apothekerverband nach weiteren Verhandlungsversuchen am 14. Juli 2009 das Schiedsverfahren. Am 21. Dezember 2009 erging der Schiedsspruch, wonach der Rabatt gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB V rückwirkend für das Jahr 2009 auf 1,75 EUR pro verschreibungspflichtiges Arzneimittel festgesetzt wurde. Hiergegen erhob der GKV Spitzenverband im Januar 2010 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (Az. S 73 KR 135/10). Auf einen zugleich erhobenen Eilantrag lehnte das Sozialgericht Berlin die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Schiedsspruches ab. Eine hiergegen zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhobene Beschwerde war hingegen erfolgreich. Mit Beschluss vom 5. Mai 2010 ordnete das Landessozialgericht (Az. L 1 KR 51/10 B ER) die sofortige Vollziehung der Entscheidung der Schiedsstelle vom 21. Dezember 2009 an.

Sodann machte der Kläger gegenüber den Beklagten die sich aus der rückwirkenden Änderung des Rabatts ergebende Vergütung geltend. Das von ihm beauftragte Norddeutsche Apotheken-Rechenzentrum e.V. (i.F. NARZ) stellte den Beklagten mit Rechnungen jeweils vom 1. Juli 2010, jeweils versandt am 8. Juni 2010, Differenzbeträge Rechnung, welche sich aus der Berücksichtigung der an Versicherte der Beklagten bzw. der Fusionskassen jeweils abgegebenen Anzahl Packungen einerseits und der Differenz zwischen dem ursprünglich für das Jahr 2009 zunächst gemäß § 130 SGB V weiter geltenden Rabatt in Höhe von 2,30 EUR pro Packung und dem durch Schiedsspruch festgelegten Rabatt von 1,75 EUR pro Packung andererseits ergeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Gerichtsakten befindlichen Rechnungsmuster verwiesen. Die Beklagten wiesen die vom NARZ übersandten Sammelrechnungen entweder zurück oder warteten zunächst eine Klärung des Abrechnungsverfahrens ab. Hierzu nahmen der GKV-Spitzenverband sowie der Deutsche Apothekerverband Verhandlungen auf, welche am 1. Juli 2010 mit einer Einigung über die Abrechnungsmodalitäten endeten. Am 19. Juli 201...

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