Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Kostenerstattung. örtlich zuständiger Leistungsträger. Verteilungsentscheidung der zentralen Verteilungsstelle des Bundes. räumliche Beschränkung. Erlöschen der Aufenthaltsgestattung
Orientierungssatz
1. Nach § 9 Abs 3 AsylbLG iVm § 105 Abs 1 S 1 SGB 10, ist in dem Fall, dass ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 SGB 10 vorliegen, der örtlich zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig.
2. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Systematik des § 10a Abs 1 S 1 AsylbLG allein nach der Verteilungsentscheidung der zentralen Verteilungsstelle des Bundes gem § 46 Abs 2 AsylVfG.
3. Nach § 56 Abs 3 S 1 AsylVfG bleiben räumliche Beschränkungen nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung auch dann in Kraft, wenn der Asylsuchende der Weiterleitungsanordnung nicht Folge leistet und aufgrund dessen ein Asylverfahren nicht eingeleitet wird.
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.498,83 Euro zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten etwaiger im dritten Quartal 2006 erbrachter Krankenbehandlungen von M M, alias M D, und Rn M, alias R M, zu erstatten.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Kostenerstattung für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Am 24. August 2006 meldete sich die nach eigenen Angaben russische Staatsangehörige tschechischer Volkszugehörigkeit unter dem Namen M M (im Folgenden: M.M.) zusammen mit ihrem minderjährigen Sohn (im Folgenden: R.M.) bei der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber Berlin (ZAA-Berlin) mit einem Asylbegehren. M.M. gab an, sie und ihr Sohn seien am Tag zuvor eingereist und hätten bisher noch keinen Asylantrag gestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) benannte am selben Tag als zuständige Aufnahmeeinrichtung gemäß § 46 Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) die Aufnahmeeinrichtung in Berlin. M.M. und ihr Sohn erhielten am 28. August 2006 eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens beschränkt auf das Land Berlin. Sie beantragten am 29. August 2006 beim Kläger Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die ihnen die Zentrale Leistungsstelle für Asylbewerber (ZLA-Berlin) des Landesamtes für Gesundheit und Soziales aufgrund verschiedener Bescheide für die Zeit vom 24. August 2006 bis zum 30. Oktober 2006 in Höhe von insgesamt 1.498,83 Euro sowie durch Aushändigung eines Behandlungsausweises für M.M. und R.M. zur ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung im dritten Quartal 2006 gewährte.
Die ZLA-Berlin erhielt am 28. September 2006 vom BAMF die Mitteilung, dass M.M. und R.M. bereits am 23. Juni 2005 unter anderen Personalien Asyl begehrt hatten und die Erstaufnahmeeinrichtung Chemnitz in Sachsen als zuständig benannt worden war. Das BAMF hatte unter dem 1. Juli 2005 eine entsprechende Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende (BÜMA) ausgestellt. M.M. und R.M. hatten sich in der Folgezeit in der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in Chemnitz nicht gemeldet. Die ZLA-Berlin gewährte M.M. und R.M. noch am selben Tag die Kosten einer Bahnfahrkarte und forderte diese zugleich auf, sich nach Chemnitz zu begeben. In der Zentralen Aufnahmestelle Chemnitz meldeten sie sich am 4. Oktober 2006. Das BAMF teilte der EAE Chemnitz unter dem 5. Oktober 2006 mit, dass die Verteilentscheidung nach Chemnitz gültig sei und erteilte M.M. und R.M. eine Aufenthaltsgestattung beschränkt auf das Stadtgebiet Chemnitz. Das BAMF lehnte im Oktober 2006 die Anerkennung der M.M. und des R.M. als Asylberechtigte bestandskräftig ab und ordnete deren Abschiebung nach Belgien an.
Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 19. Februar 2007, präzisiert durch das Schreiben vom 27. April 2007, erfolglos auf, ihm die für die Asylsuchenden M.M. und R.M. entstandenen Kosten in Höhe von 1.498,83 Euro zu erstatten.
Mit der am 10. März 2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Hierzu trägt er im Wesentlichen vor: Die ZLA-Berlin habe für M.M. und R.M. als örtlich unzuständige Behörde Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für die Zeit vom 24. August bis zum 30. Oktober 2006 erbracht. Wegen der Verteilungsentscheidung des BAMF im Erstantragsverfahren sei das Land Sachsen für diese Leistungen örtlich zuständig gewesen, nicht hingegen der Kläger. Die Kosten für etwaige Krankenbehandlungen aufgrund des für das dritte Quartal 2006 ausgehändigten Krankenscheins seien noch nicht bekannt und daher noch nicht bezifferbar.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.498,83 Euro zu zahlen, und
festzustellen, dass der Beklagte darüber hinaus verpflichtet ist, die Kosten für die der Asylbewerberin M M und ihrem Sohn für das dritte Quartal 2006 gewährten Leistungen der Krankenhilfe zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt im Wese...