Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragspsychotherapeutische Versorgung. Ergänzung der Psychotherapie-Vereinbarung. Erwerb von Zusatzqualifikationen an oder über anerkannte Ausbildungsstätten. Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des eingefügten Zusatzes "für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie"
Leitsatz (amtlich)
Die Klage einer Ausbildungsstätte für Psychotherapeuten auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des in § 6 Abs 4 letzter Satz der Psychotherapie-Vereinbarung (juris: BMV-Ä Anl 1) zum 1.1.2008 eingefügten Zusatzes, wonach die dort geregelten Zusatzqualifikationen an oder über anerkannte Ausbildungsstätten für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie erworben worden sein müssen, ist unzulässig. Die Ausbildungsstätte ist durch diese Regelung nicht selbst in eigenen Grundrechten betroffen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des in § 6 Abs. 4 letzter Satz der Psychotherapie-Vereinbarung zum 1. Januar 2008 eingefügten Zusatzes, wonach die dort geregelten Zusatzqualifikationen an oder über anerkannte Ausbildungsstätten für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie erworben worden sein müssen.
Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte Ausbildungsstätte für Psychotherapeuten i.S.d. § 6 Psychotherapeutengesetz (PsychThG), sie besitzt seit Ende 2009 bzw. Anfang 2010 auch eine Anerkennung als Ausbildungsstätte für Kinder - und Jugendpsychotherapie im Bereich Verhaltenstherapie.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2008 wurde die zwischen den Beklagten zu 1) und zu 2) geschlossenen Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Vereinbarung) geändert. Während es in der vorhergehenden Fassung in § 6 Abs. 4 letzter Satz hieß: “Entsprechende Zusatzqualifikationen müssen an oder über anerkannte Ausbildungsstätten gemäß § 6 Psychotherapeuten-Gesetz erworben worden sein„, wurde zum 1. Januar 2008 hinter das Wort “Ausbildungsstätten„ der Zusatz “für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie„ eingefügt.
Gegen diesen Zusatz wendet sich die Klägerin mit der am 29. Dezember 2008 erhobenen Klage, mit der sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Zusatzes begehrt.
Sie ist der Ansicht, die Klage sei als Feststellungsklage zulässig und begründet. Die Feststellungsklage sei statthafte Klageart, da ihr vorliegend eine Auffangfunktion wegen der im SGG nicht vorgesehenen abstrakten Normenkontrollklage zukomme und ansonsten Rechtsschutz nur über eine Verfassungsbeschwerde möglich wäre. Die Klägerin sei durch die streitgegenständliche Änderung der Psychotherapie-Vereinbarung auch selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG betroffen. Da die von ihr ausgestellten Bescheinigungen und Zeugnisse in Zukunft nicht mehr als Nachweise der fachlichen Befähigung i.S.d. § 3 Psychotherapie-Vereinbarung anerkannt würden, sei zu befürchten, dass die Angebote der Klägerin zum Erwerb der Kenntnisse für die Zusatzqualifikation “Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen„ nicht mehr in Anspruch genommen würden. Dies gelte trotz der zwischenzeitlichen Anerkennung als Ausbildungsstätte für Kinder- und Jugendpsychotherapie, da die Klägerin noch keine entsprechende Ausbildung anbiete und insofern zu befürchten sei, dass sie die Anerkennung wieder verliere. Zudem könne sie in diesem Rahmen nicht alle Ausbilder einsetzen, sondern nur diejenigen, die über eine entsprechende Zusatzqualifikation im Bereich der Kinder- und Jugendpsychotherapie verfügen. Hierdurch werde faktisch ein grundrechtsrelevanter Einfluss ausgeübt, wobei die Klägerin auch selbst betroffen sei. Zwar sei sie nicht unmittelbar Adressaten der Regelung, jedoch wohne dieser ihr gegenüber eine objektiv berufsregelnde Tendenz inne, da die Klägerin hierdurch faktisch vom Wettbewerb und Markt um die Vermittlung der Zusatzqualifikation ausgeschlossen bzw. (seit der Anerkennung) beschränkt werde. Dies stelle einen Nachteil insbesondere gegenüber Ausbildungsstätten für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie dar, deren Nachweise und Zeugnisse für den Nachweis der fachlichen Befähigung anerkannt werden. Hierdurch sei die Klägerin in ihrer Berufsfreiheit betroffen, weil durch die streitgegenständliche Änderung der Psychotherapie-Vereinbarung ein wesentlicher Teil ihres beruflichen Betätigungsfeldes wegfalle. Die Möglichkeit einer Kooperation mit einer anerkannten Ausbildungsstätte für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie sei für die Klägerin faktisch nicht gegeben, da die entsprechenden Ausbildungsstätten zu solch einer Kooperation nicht bereit seien. Entgegen der Ansicht der Beklagten liege in der Neufassung der streitgegenständlichen Regelung nicht nur eine Klarstellung, was sich außer am Wortlaut der Regelung auch daran zeige, dass bislang die Zeugnisse und Bescheinigungen der Klägerin in der hier streitigen Zusatzausbildung anerkannt worden seien. Die Feststellungsklage sei auch begründet....